klympushtsintsadze1_Diego HerreraEuropa Press via Getty Images_ukrainewar Diego Herrera/Europa Press via Getty Images

Was die Ukraine braucht

KIEW – Obwohl die ukrainischen Truppen jener des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die unser Land überfallen, zahlenmäßig unterlegen sind, ermutigt uns die zunehmende Unterstützung, die wir von ausländischen Freunden bekommen. Niemand sollte vergessen, dass dies nicht nur eine grundlose Invasion der Ukraine ist, sondern auch ein Anschlag auf die freie Welt.

Mit dieser freien Welt steht Putin seit Jahrzehnten auf dem Kriegsfuß. Er hat die Ermordung russischer Exilanten auf ausländischem Territorium angeordnet – in demokratischen Ländern wie Großbritannien. Er hat sich in demokratische Wahlen eingemischt – sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa. Er und seine Kumpane haben Russland ausgeplündert und das Geld im Ausland gewaschen. Er hat weltweit Falschinformationen verbreitet und im eigenen Land andere Meinungen verboten. 2008 hat er russische Streitkräfte nach Georgien geschickt, wo sie weiterhin große Teile des Landes besetzt halten. Und kürzlich hat er sich Belarus einverleibt – das nun als Basis für seinen Krieg gegen die Ukraine dient.

In der Ukraine haben Putins Streitkräfte abscheuliche Grausamkeiten begangen. Sie haben Wohngebäude, Krankenhäuser, Schulen und andere wichtige zivile Infrastruktur bombardiert, die für das Leben der städtischen Zivilbevölkerung von entscheidender Bedeutung ist. Der Beschuss des Platzes der Freiheit in Charkiw und der Einsatz von Streumunition in Städten sind eindeutige Beispiele für Kriegsverbrechen. Russische Truppen verüben einen Genozid am ukrainischen Volk.

Da Putins Truppen gefährliche Standorte mit radioaktivem Material in Tschernobyl and Kiew überrannt haben, ist die Gefahr einer nuklearen Katastrophe bereits da. Und seine Entscheidung vom letzten Wochenende, Russlands taktische Nuklearwaffen in Alarmbereitschaft zu bringen, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass er keine Grenzen kennt.

Je länger Putins Angriff auf die Ukraine andauert, desto wahrscheinlicher wird es, dass andere Länder entschiedener eingreifen müssen. Dass Putins Ziele über die Ukraine hinausgehen, ist kein Geheimnis. Er will eine Rückkehr zur Jalta-Konferenz von 1945, bei der die Weltmächte das Europa nach dem Zweiten Weltkrieg entsprechend der westlichen und sowjetischen Einflussbereiche aufgeteilt haben. Erst letzte Woche hat der Sprecher des Kreml direkte Drohungen gegen Schweden und Finnland ausgesprochen – zwei Länder, die wie die Ukraine europäisch, aber nicht Mitglieder der NATO sind.

Die freie Welt wacht langsam auf und erkennt das Ausmaß der Bedrohung durch Putin. Viel zu lang war die globale Reaktion zu schwach und zu spät. Aber indem sie mehrere russische Banken aus dem SWIFT-Finanzsystem ausschließt, einen erheblichen Teil der ausländischen Währungsreserven Russlands einfriert und hochwertige Militärausrüstung an uns liefert, hilft die freie Welt der Ukraine, Putin zurückzuschlagen.

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Wir danken Polen und anderen westlichen Nachbarn dafür, dass sie alles tun, um ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen – obwohl wir nun wissen, dass Russland Fallschirmjäger einsetzt, um diese Menschen zu terrorisieren und unsere westlichen Grenzen zu schließen.

Um Russland widerstehen und die Ukraine retten zu können, brauchen wir sofort mehr Hilfe. Erstens bitten wir die westlichen Mächte inständig, eine Flugverbotszone über der Ukraine einzurichten, um das ständige Luftbombardement ziviler Bevölkerungszentren zu verhindern. Zweitens müssen andere Länder ein Öl- und Gasembargo gegen Russland verhängen, um das Land von seiner Haupteinnahmequelle abzuschneiden. Drittens müssen die Regierungen russische Diplomaten ausweisen, Russland Landerechte verweigern und alle russischen Medienkanäle verbieten. Und schließlich rufen wir dazu auf, Russland das Vetorecht beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu entziehen. Außerdem brauchen wir ein Sondertribunal gegen Kriegsverbrechen, um Putin und andere Politiker anzuklagen, die an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit mitschuldig sind, die inzwischen zum Standardrepertoire der Russlandpolitik gegenüber der Ukraine gehören.

Putins Terrorarmee mag zwar in anderen Städten furchtbaren Schaden anrichten, aber Kiew, unsere ukrainische Hauptstadt und spirituelle Heimat, wird sie nie unter Kontrolle bekommen. Putin kann zwar versuchen, unsere Stadt mit seinen Bomben von der Landkarte zu radieren, aber wir werden niemals kapitulieren.

Während ich hier am Stadtrand von Kiew sitze, haben sich ukrainische Politiker aller Richtungen mit Vertretern der Zivilgesellschaft und ausländischen Parlamentariern zusammengetan, um Russlands ungeheuerlichen Angriff auf unser Land abzuwehren.

Während unsere mutigen Streitkräfte und Bürger Putins krimineller Invasion in den Städten und Wäldern der Ukraine die Stirn bieten, werden wir weiterhin tun, was wir können, um uns zu verteidigen. Wir wissen, dass wir Wahrheit und Freiheit auf unserer Seite haben. Alle freien Länder müssen verstehen, dass der Kampf, den Putin uns aufgezwungen hat, nicht nur unser eigener ist.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

https://prosyn.org/qcDEkpYde