Quran, sacred book of Islam

Der Weg des Islam in die Moderne

UPPSALA – Viele Muslime stören sich seit langem an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) der Vereinten Nationen. Die Erklärung, so diese Kritiker, sei von Kolonialmächten mit einer langen Geschichte grausamer Menschenrechtsverletzungen geschaffen worden und laufe auf einen weiteren Versuch einer kleinen Zahl westlicher Akteure hinaus, den muslimischen Ländern ihren Willen aufzuzwingen. Islamische Konservative und Fundamentalisten gehen noch einen Schritt weiter und erklären, dass keine menschliche Erfindung dem Gesetz der Scharia, das auf das Wort Gottes hinausliefe, gleichkommen oder gar an seine Stelle treten könne.

Diese Kollision zwischen den weltlichen Menschenrechtsnormen der Vereinten Nationen und muslimischer religiöser Lehre spiegelt den breiter angelegten Konflikt zwischen dem Islam und der Moderne wider – einen Konflikt, der einige Bürger muslimischer Länder, darunter Frauen und Nichtmuslime, hochgradig verwundbar gemacht hat. Zum Glück spricht eine sich herausbildende Schule muslimischen Denkens die Frage auf neue Weise an; sie betont, dass der Koran wie jeder religiöse Text der Auslegung bedarf und dass sich diese Auslegungen im Laufe der Zeit ändern können.

Tatsächlich verteidigt der Koran Prinzipien wie Freiheit, Vorurteilslosigkeit und Rechtschaffenheit, was einen grundlegenden Respekt für Gerechtigkeit und Menschenwürde aufzeigt. Das Problem besteht – wie der iranische Theologe Mohsen Kadivar betont hat – darin,dass viele Teile des Scharia-Rechts mit vormodernen Sozialstrukturen verknüpft sind, die Frauen oder Nichtmuslimen den Schutz, der muslimischen Männern gewährt wird, vorenthalten.

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