NEW YORK – Die zentrale politische Trennlinie in den USA verläuft nicht zwischen Parteien oder Einzelstaaten, sondern zwischen den Generationen. Die Generation der Millennials (im Alter zwischen 18 und 35 Jahren) stimmte mit großer Mehrheit gegen Donald Trump und wird das Rückgrat des Widerstandes gegen seine Politik bilden. Ältere Amerikaner sind gespalten, doch seine Basis hat Trump in der Altersgruppe ab 45. Die jüngeren Wähler werden Trump bei vielen Themen ablehnen; sie betrachten ihn als Politiker von gestern, nicht von morgen.
Natürlich betrifft dies den Durchschnitt und nicht jeden Einzelnen. Doch die Zahlen bestätigen diese Kluft zwischen den Generationen. Laut Wahltagsbefragungen erhielt Trump 53% der Stimmen der Wähler ab 45, 42% der Wähler zwischen 30 und 44 und nur 37% der Wähler zwischen 18 und 29. In einer Umfrage des Jahres 2014 bezeichneten sich 31% der Millennials als „Liberale“, verglichen mit 21% der Babyboomer (im Alter zwischen 50 und 68 in der Umfrage) und nur 18% der stummen Generation (ab 69 Jahren).
Der Punkt ist nicht, dass aus den jungen Liberalen von heute die alten Konservativen von morgen werden. Die Generation der Millennials ist deutlich liberaler, als Babyboomer und stumme Generation es in jüngeren Jahren waren. Sie ist zudem deutlich weniger parteigebunden und unterstützt jeweils die Politiker, die ihre Werte und Bedürfnisse ansprechen, darunter auch Kandidaten, die keiner der beiden großen Parteien angehören.
Es gibt mindestens drei große Unterschiede zwischen der Politik der Jungen und der der Alten. Erstens sind die Jungen gesellschaftlich liberaler als die älteren Generationen. Für sie ist Amerikas zunehmende ethnische, religiöse und sexuelle Vielfalt keine große Sache. Eine bunt gemischte Gesellschaft aus Weißen, Afroamerikanern, Latinos und Asiaten und aus im Lande Geborenen und Einwanderern ist etwas, womit sie aufgewachsen sind, und kein dramatischer Bruch mit der Vergangenheit. Sie akzeptieren Kategorien der Sexualität und des Geschlechts – lesbisch, schwul, transsexuell, bisexuell, intersexuell, pansexuell usw. – die für die Generation ihrer Großeltern (Trumps Generation) im Wesentlichen ein Tabu (oder ihr unbekannt) waren.
Zweitens steht die junge Generation vor den nie gekannten wirtschaftlichen Herausforderungen der Informationsrevolution. Sie tritt zu einer Zeit in den Arbeitsmarkt ein, in der sich die Marktrenditen mit großer Geschwindigkeit hin zum Kapital (Roboter, künstliche Intelligenz und intelligente Maschinen ganz allgemein) und weg von der Arbeit verlagert. Die Reichen der älteren Generation dagegen genießen einen Boom am Aktienmarkt, der von derselben technologischen Revolution getragen wird.
Trump verspricht Senkungen der Körperschafts- und Erbschaftssteuer, von denen die reichen Alten (die in Trumps Kabinett reichlich vertreten sind) zusätzlich profitieren würden – und zwar auf Kosten höherer Haushaltsdefizite, die die junge Generation zusätzlich belasten. Tatsächlich braucht die junge Generation eine gegenteilige Politik: höhere Steuern auf das Vermögen der älteren Generation, um Hochschul- und Berufsausbildung, die Infrastruktur für erneuerbare Energien und andere Investitionen in die Zukunft Amerikas zu finanzieren.
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Drittens sind sich die Jungen im Vergleich zu ihren Eltern und Großeltern des Klimawandels und seiner Bedrohungen viel stärker bewusst. Während Trump dabei ist, die ältere Generation zu einem letzten Techtelmechtel mit fossilen Brennstoffen zu verleiten, lehnen die Jungen dies ab. Sie wollen saubere Energie und werden gegen die Zerstörung der Erde kämpfen, die sie und ihre Kinder erben werden.
Die Kluft zwischen den Generationen in Bezug auf die globale Erwärmung ist teilweise durch die enorme Unwissenheit vieler älterer Amerikaner (einschließlich von Trump) über den Klimawandel und seine Ursachen bedingt. Die älteren Amerikaner haben den Klimawandel nicht in der Schule behandelt. Die wissenschaftlichen Grundlagen zu Treibhausgasen wurden ihnen nie vermittelt. Darum sind sie bereit, ihren kurzfristigen finanziellen Interessen den Vorrang vor den düsteren Bedrohungen für die Generation ihrer Enkel einzuräumen.
In einer Umfrage vom Juni 2015 äußerten 60% der 18- bis 29-Jährigen, dass die globale Erwärmung vom Menschen verursacht werde – verglichen mit nur 31% derjenigen ab 65. Eine im Januar veröffentlichte Umfrage stellte fest, dass 38% der befragten Amerikaner im Alter ab 65 einem Ausbau fossiler Brennstoffe gegenüber erneuerbaren Energien den Vorzug gaben. Bei den 18- bis 29-Jährigen waren es nur 19%.
Trumps Wirtschaftspolitik ist auf dieses ältere, weißere, im Lande geborene Amerika ausgelegt. Er befürwortet Steuersenkungen für die Älteren, was den Jungen eine höhere Schuldenlast auferlegen würde. Der Überhang an studentischen Schulden in Höhe von einer Billion Dollar ist ihm egal. Er nimmt die NAFTA-Debatte zum Freihandel aus den 1990er Jahren wieder auf, statt sich der viel wichtigeren Herausforderung des 21. Jahrhunderts an die Beschäftigung zu stellen, die von Automatisierung und künstlicher Intelligenz ausgeht. Und er ist besessen davon, auf Kosten einer künftigen Umweltkatastrophe für ein paar weitere Jahre Gewinne aus Amerikas Kohle-, Öl- und Erdgasvorkommen zu pressen.
Man könnte Trumps rückwärtsgerichtete Mentalität seinem Alter zuschreiben. Mit 70 Jahren ist Trump älter als jeder andere Präsident bei seinem Amtsantritt (Ronald Reagan war etwas jünger, als er 1981 sein Amt antrat). Doch ist das Alter hier wohl nicht der alleinige oder auch nur wichtigste Faktor. Bernie Sanders, der von allen Präsidentschaftskandidaten des Jahres 2016 eindeutig geistig am unverbrauchtesten und der Held der Millennials war, ist 75. Die jungen Menschen sind begeistert von Papst Franziskus (80), weil er ihre Sorgen – egal, ob über die Armut, Beschäftigungsschwierigkeiten oder die Gefährdung durch die globale Erwärmung – innerhalb eines moralischen Rahmens verortet, statt sie mit dem krassen Zynismus von Trump und seinesgleichen zu verwerfen.
Das Hauptproblem hier sind Mentalität und politische Orientierung, nicht chronologisches Alter. Trump hat den kürzesten Zeithorizont (und die kürzeste Aufmerksamkeitsspanne) unter allen Präsidenten, die in der historischen Erinnerung noch präsent sind. Und er hat keinerlei Bezug zu den wahren Herausforderungen, die sich der jungen Generation bei ihrem Kampf mit neuen Technologien, sich wandelnden Arbeitsmärkten und erdrückenden Studentenkrediten stellen. Ein Handelskrieg mit Mexiko und China oder ein in tragischer Weise fehlgeleitetes Einreiseverbot für muslimische Migranten wird ihre wahren Bedürfnisse bestimmt nicht erfüllen.
Trumps politischer Erfolg ist eine kurzfristige, vorübergehende Erscheinung und kein Wendepunkt. Die heutigen Millennials mit ihrer zukunftsorientierten Perspektive werden schon bald die amerikanische Politik dominieren. Amerika wird dann multiethnisch, gesellschaftlich liberal und klimabewusst sein und den wirtschaftlichen Nutzen der neuen Technologien viel fairer teilen.
Zu viele Beobachter sind immer noch auf die traditionellen Trennlinien zwischen den Parteien im US-Kongress fixiert und nicht auf die tiefer greifenden demografischen Veränderungen, die schon bald entscheidend sein werden. Sanders hätte sich bei den Demokraten beinahe die Nominierung geholt (und vermutlich bei den Präsidentschaftswahlen triumphiert) – mit einem Programm, das für die Millennials enorm attraktiv war. Deren Zeit kommt höchstwahrscheinlich nun 2020 mit einem Präsidenten, den sie unterstützen.
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Despite the apparent resilience of Russia's economy, Vladimir Putin’s full-scale war against Ukraine comes at a high economic cost. Not only does it require today’s Russians to live a worse life than they otherwise would have done; it also condemns future generations to the same.
explains the apparent resilience of growth and employment in the face of increasingly tight sanctions.
NEW YORK – Die zentrale politische Trennlinie in den USA verläuft nicht zwischen Parteien oder Einzelstaaten, sondern zwischen den Generationen. Die Generation der Millennials (im Alter zwischen 18 und 35 Jahren) stimmte mit großer Mehrheit gegen Donald Trump und wird das Rückgrat des Widerstandes gegen seine Politik bilden. Ältere Amerikaner sind gespalten, doch seine Basis hat Trump in der Altersgruppe ab 45. Die jüngeren Wähler werden Trump bei vielen Themen ablehnen; sie betrachten ihn als Politiker von gestern, nicht von morgen.
Natürlich betrifft dies den Durchschnitt und nicht jeden Einzelnen. Doch die Zahlen bestätigen diese Kluft zwischen den Generationen. Laut Wahltagsbefragungen erhielt Trump 53% der Stimmen der Wähler ab 45, 42% der Wähler zwischen 30 und 44 und nur 37% der Wähler zwischen 18 und 29. In einer Umfrage des Jahres 2014 bezeichneten sich 31% der Millennials als „Liberale“, verglichen mit 21% der Babyboomer (im Alter zwischen 50 und 68 in der Umfrage) und nur 18% der stummen Generation (ab 69 Jahren).
Der Punkt ist nicht, dass aus den jungen Liberalen von heute die alten Konservativen von morgen werden. Die Generation der Millennials ist deutlich liberaler, als Babyboomer und stumme Generation es in jüngeren Jahren waren. Sie ist zudem deutlich weniger parteigebunden und unterstützt jeweils die Politiker, die ihre Werte und Bedürfnisse ansprechen, darunter auch Kandidaten, die keiner der beiden großen Parteien angehören.
Es gibt mindestens drei große Unterschiede zwischen der Politik der Jungen und der der Alten. Erstens sind die Jungen gesellschaftlich liberaler als die älteren Generationen. Für sie ist Amerikas zunehmende ethnische, religiöse und sexuelle Vielfalt keine große Sache. Eine bunt gemischte Gesellschaft aus Weißen, Afroamerikanern, Latinos und Asiaten und aus im Lande Geborenen und Einwanderern ist etwas, womit sie aufgewachsen sind, und kein dramatischer Bruch mit der Vergangenheit. Sie akzeptieren Kategorien der Sexualität und des Geschlechts – lesbisch, schwul, transsexuell, bisexuell, intersexuell, pansexuell usw. – die für die Generation ihrer Großeltern (Trumps Generation) im Wesentlichen ein Tabu (oder ihr unbekannt) waren.
Zweitens steht die junge Generation vor den nie gekannten wirtschaftlichen Herausforderungen der Informationsrevolution. Sie tritt zu einer Zeit in den Arbeitsmarkt ein, in der sich die Marktrenditen mit großer Geschwindigkeit hin zum Kapital (Roboter, künstliche Intelligenz und intelligente Maschinen ganz allgemein) und weg von der Arbeit verlagert. Die Reichen der älteren Generation dagegen genießen einen Boom am Aktienmarkt, der von derselben technologischen Revolution getragen wird.
Trump verspricht Senkungen der Körperschafts- und Erbschaftssteuer, von denen die reichen Alten (die in Trumps Kabinett reichlich vertreten sind) zusätzlich profitieren würden – und zwar auf Kosten höherer Haushaltsdefizite, die die junge Generation zusätzlich belasten. Tatsächlich braucht die junge Generation eine gegenteilige Politik: höhere Steuern auf das Vermögen der älteren Generation, um Hochschul- und Berufsausbildung, die Infrastruktur für erneuerbare Energien und andere Investitionen in die Zukunft Amerikas zu finanzieren.
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Die Kluft zwischen den Generationen in Bezug auf die globale Erwärmung ist teilweise durch die enorme Unwissenheit vieler älterer Amerikaner (einschließlich von Trump) über den Klimawandel und seine Ursachen bedingt. Die älteren Amerikaner haben den Klimawandel nicht in der Schule behandelt. Die wissenschaftlichen Grundlagen zu Treibhausgasen wurden ihnen nie vermittelt. Darum sind sie bereit, ihren kurzfristigen finanziellen Interessen den Vorrang vor den düsteren Bedrohungen für die Generation ihrer Enkel einzuräumen.
In einer Umfrage vom Juni 2015 äußerten 60% der 18- bis 29-Jährigen, dass die globale Erwärmung vom Menschen verursacht werde – verglichen mit nur 31% derjenigen ab 65. Eine im Januar veröffentlichte Umfrage stellte fest, dass 38% der befragten Amerikaner im Alter ab 65 einem Ausbau fossiler Brennstoffe gegenüber erneuerbaren Energien den Vorzug gaben. Bei den 18- bis 29-Jährigen waren es nur 19%.
Trumps Wirtschaftspolitik ist auf dieses ältere, weißere, im Lande geborene Amerika ausgelegt. Er befürwortet Steuersenkungen für die Älteren, was den Jungen eine höhere Schuldenlast auferlegen würde. Der Überhang an studentischen Schulden in Höhe von einer Billion Dollar ist ihm egal. Er nimmt die NAFTA-Debatte zum Freihandel aus den 1990er Jahren wieder auf, statt sich der viel wichtigeren Herausforderung des 21. Jahrhunderts an die Beschäftigung zu stellen, die von Automatisierung und künstlicher Intelligenz ausgeht. Und er ist besessen davon, auf Kosten einer künftigen Umweltkatastrophe für ein paar weitere Jahre Gewinne aus Amerikas Kohle-, Öl- und Erdgasvorkommen zu pressen.
Man könnte Trumps rückwärtsgerichtete Mentalität seinem Alter zuschreiben. Mit 70 Jahren ist Trump älter als jeder andere Präsident bei seinem Amtsantritt (Ronald Reagan war etwas jünger, als er 1981 sein Amt antrat). Doch ist das Alter hier wohl nicht der alleinige oder auch nur wichtigste Faktor. Bernie Sanders, der von allen Präsidentschaftskandidaten des Jahres 2016 eindeutig geistig am unverbrauchtesten und der Held der Millennials war, ist 75. Die jungen Menschen sind begeistert von Papst Franziskus (80), weil er ihre Sorgen – egal, ob über die Armut, Beschäftigungsschwierigkeiten oder die Gefährdung durch die globale Erwärmung – innerhalb eines moralischen Rahmens verortet, statt sie mit dem krassen Zynismus von Trump und seinesgleichen zu verwerfen.
Das Hauptproblem hier sind Mentalität und politische Orientierung, nicht chronologisches Alter. Trump hat den kürzesten Zeithorizont (und die kürzeste Aufmerksamkeitsspanne) unter allen Präsidenten, die in der historischen Erinnerung noch präsent sind. Und er hat keinerlei Bezug zu den wahren Herausforderungen, die sich der jungen Generation bei ihrem Kampf mit neuen Technologien, sich wandelnden Arbeitsmärkten und erdrückenden Studentenkrediten stellen. Ein Handelskrieg mit Mexiko und China oder ein in tragischer Weise fehlgeleitetes Einreiseverbot für muslimische Migranten wird ihre wahren Bedürfnisse bestimmt nicht erfüllen.
Trumps politischer Erfolg ist eine kurzfristige, vorübergehende Erscheinung und kein Wendepunkt. Die heutigen Millennials mit ihrer zukunftsorientierten Perspektive werden schon bald die amerikanische Politik dominieren. Amerika wird dann multiethnisch, gesellschaftlich liberal und klimabewusst sein und den wirtschaftlichen Nutzen der neuen Technologien viel fairer teilen.
Zu viele Beobachter sind immer noch auf die traditionellen Trennlinien zwischen den Parteien im US-Kongress fixiert und nicht auf die tiefer greifenden demografischen Veränderungen, die schon bald entscheidend sein werden. Sanders hätte sich bei den Demokraten beinahe die Nominierung geholt (und vermutlich bei den Präsidentschaftswahlen triumphiert) – mit einem Programm, das für die Millennials enorm attraktiv war. Deren Zeit kommt höchstwahrscheinlich nun 2020 mit einem Präsidenten, den sie unterstützen.
Aus dem Englischen von Jan Doolan