vietnam communist party leader NA SON NGUYEN/AFP/Getty Images

Das vietnamesische Modell für Nordkorea

SINGAPUR – Diese Woche trifft sich Kim Jong-un zu seinem zweiten Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump im vietnamesischen Hanoi. Dort wird er nicht nur ein Abkommen mit den USA zum Thema Nuklearwaffen anstreben. Längerfristig ist sein Ziel vielmehr, sein Land aus der diplomatischen Isolation zu befreien, die jahrelangen internationalen Sanktionen hinter sich zu lassen und sein bettelarmes „Eremitenkönigreich“ zu reformieren, um auch in den nächsten Jahrzehnten an der Macht bleiben zu können.

Während Kim versucht, die Zukunft seines Landes zu gestalten, könnte er zu dem Schluss kommen, dass Vietnams eigene Geschichte der letzten drei Jahrzehnte dafür das beste Modell bieten könnte. Deshalb ist auch sein separater bilateraler Besuch in Vietnam in dieser Woche sehr wichtig und sollte neben dem ganzen Rummel um den Gipfel mit Trump nicht übersehen werden.

Vietnam hat sich Ende der 1980er geöffnet und Marktreformen durchgeführt, die als Doi Moi (Erneuerung) bekannt sind. Zwischen dem heutigen Nordkorea und dem damaligen Vietnam gibt es dabei viele Ähnlichkeiten: Zu jener Zeit war auch Vietnam eine Kommandowirtschaft, die von ineffizienten Staatsunternehmen geprägt war. Zu hohe Verteidigungsausgaben führten zu Unterentwicklung und Verarmung der Bevölkerung, und für seine Besatzung von Kambodscha wurde das Land mit massiven internationalen Sanktionen bestraft. Nach 30 Jahren der Reform hat sich die vietnamesische Wirtschaft jetzt um das dreißigfache vergrößert, und 2010 konnte das Land den Status eines Landes mit niedrigem Einkommen ablegen. Heute ist es eine der weltweit offensten Volkswirtschaften – mit einem Handelsvolumen von mehr als dem Doppelten seines BIP.

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