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Die Berufung auf die Redefreiheit wird Trump nicht retten

NEW YORK – Donald Trump steht derzeit wegen Verschwörung vor einem US-Bundesgericht. Ihm wird vorgeworfen, er habe die US-Präsidentschaftswahl von 2020 beeinflussen wollen, um selbst im Amt zu bleiben. Trumps Anwälte und Verteidiger behaupten, er habe lediglich sein Recht auf Redefreiheit gemäß dem ersten Verfassungszusatz der US-Verfassung ausgeübt. Um diesen Fall zu verstehen, muss man daher zunächst verstehen, wo die Redefreiheit endet und strafbarer Betrug anfängt.

Nur weil Trumps Taten aus Worten bestehen, sind sie nicht automatisch durch die Verfassung geschützt. Im Gegenteil setzen viele Straftatbestände voraus, dass die Redefreiheit Grenzen hat. So ist es zum Beispiel verboten, Strafverfolgungsbeamte oder Geschworene anzulügen oder ein Produkt als sicher zu bezeichnen, wenn es das nicht ist. Man darf nicht absichtlich zu unmittelbarer Gewalt anstiften, bewusst den Ruf eines Menschen schädigen oder Minderjährige in eindeutig sexueller Weise darstellen. Diese und andere Vorschriften, die Informationen einschränken, gibt es aus gutem Grund: Sie schützen die Gesellschaft vor schwerwiegenden Schäden.

In einer liberalen Gesellschaft ist die vorsätzliche Aushöhlung des Wahlsystems womöglich der schwerste Schaden überhaupt. Aus diesem Grund gibt es Gesetze, die vorsätzliche oder fahrlässige Verbreitung von nachweislich falschen Aussagen verbieten und die Legitimität und Fairness von Wahlen schützen. In vielen Bundesstaaten ist es verboten, mit Lügen über das Wahlverfahren oder gefälschten Stimmzetteln vorsätzlich den Wahlprozess zu beeinflussen. Ebenso wenig erlaubt sind Lügen über die Zugehörigkeit zu einem Wahlkampfteam und Lügen in Wahlkampfaussagen oder politischer Werbung. In jedem dieser Fälle kann die bewusste Täuschung oder Irreführung der Wähler über einzelne Themen oder Kandidaten als Straftat eingestuft werden.

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