angela merkel Jochen Zick - Pool / Getty Images

Angela Merkels Tragödie

BERLIN – Häufig sind es die Dinge, die uns am wichtigsten sind, die uns zu Fall bringen. So war es auch bei Angela Merkel, die jüngst ihre Absicht verkündete, im Dezember nicht wieder als CDU-Vorsitzende anzutreten und 2021 nicht erneut als Bundeskanzlerin zu kandidieren.

Die Geschichte hat Merkel inmitten wütender Stürme platziert: einer Reihe von Krisen in der Eurozone, die Keile zwischen die Europäer trieben, wirtschaftlichen Spannungen in Deutschland, die die gesellschaftliche Zersplitterung anheizten, und der größten Migrationswelle seit dem Zweiten Weltkrieg, die europäische und inländische Ängste verstärkte. Doch statt Unruhe und damit ihr politisches Überleben zu riskieren, entschied sie sich für provisorische Lösungen, die die Verwundbarkeit erhöhten.

Vielleicht hatte ihr nervenzerrender Aufstieg ins Kanzleramt sie diesbezüglich konditioniert. Bei der Wahl im September 2005 hatte sie in den Meinungsumfragen einen frühen, großen Vorsprung. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte es nicht geschafft, die Arbeitslosenquote von damals fast 12% zu drücken, und seine SPD hatte eine Kette von Landtagswahlen verloren. Doch Merkels schlechte Kommunikation ihrer politischen Prioritäten sowie ein glanzloses Debattenauftreten hätten sie fast den Sieg gekostet.

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