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Die Argumente für Israel bleiben gültig

NEW YORK ‑ Im Jahr 2009 argumentierte der verstorbene britische Historiker Tony Judt, dass Israels Identität als einzigartiger jüdischer Staat „schlecht für Israel“ und „schlecht für Juden anderswo, die mit seinen Handlungen gleichgesetzt werden“ sei. Obwohl seine Äußerungen damals eine Kontroverse auslösten, scheint die weltweite Reaktion auf den andauernden Krieg zwischen der Hamas und Israel im Gazastreifen ihm Recht zu geben, da Juden auf der ganzen Welt sich für Israels angeblichen „Völkermord“ am palästinensischen Volk verantwortlich gemacht sehen.

In den letzten sechs Monaten kam es nach den Berichten über die Gräueltaten im Gazastreifen vermehrt zu antisemitischen Vorfällen in Städten wie London, New York und Wien. Synagogen wurden mit Hassparolen beschmiert, jüdische Friedhöfe wurden geschändet und als Juden identifizierte Personen wurden belästigt.

Es ist richtig, dass sich viele Juden aktiv an Antikriegsdemonstrationen beteiligen, die ein freies Palästina „vom Fluss bis zum Meer“ fordern, und es ist falsch, jede Kritik an der rechtsextremen Regierung des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu mit Antisemitismus gleichzusetzen. Richtig ist aber auch, dass manche das Vorgehen Israels in Gaza mit einem Eifer als Völkermord bezeichnen, der bei Reaktionen auf Massengewalt in Ländern wie Syrien, Sudan oder auch der Ukraine nicht zu beobachten ist. Diese unverhältnismäßige Aufmerksamkeit deutet darauf hin, dass die Kritik am israelischen Vorgehen eine Erleichterung für diejenigen sein könnte, die es leid sind, sich wegen des Holocaust schuldig zu fühlen.

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