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Der Brexit und die europäische Ordnung

BERLIN – Es sind nur noch wenige Monate bis zum 29. März 2019, dann wird Großbritannien aus der Europäischen Union austreten. Die Debatte um diesen Austritt wird gegenwärtig vor allem wirtschaftlich geführt. Es geht auf beiden Seiten um ökonomische Vor- und Nachteile, die in der Tat erheblich zu werden drohen, sollte es zu keinem einvernehmlichen Austrittsvertrag kommen, wofür gegenwärtig nicht allzu viel spricht.

Denn genau in diesem Fall eines vertragslosen Austritts des Vereinigten Königreichs würde an jenem 29. März um genau 11.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU und in allen ihren Verträgen, wie der Zollunion, oder von der EU abgeschlossenen internationalen Handelsverträgen erlöschen. Der bisherige Mitgliedstaat Großbritannien würde gegenüber der EU zu einem vertragslosen Drittstaat werden und dieser Status hätte weitreichende chaotische Konsequenzen für den beidseitigen Handel und das neue Grenzregime. Die Zeit läuft ab, und zwar aus ganz praktischen Gründen bereits vor dem 29. März 2019.

Der kommende Brexit hat allerdings nicht nur weitreichende wirtschaftliche, sondern auch massive politische Konsequenzen. Die EU wird zwar im Alltag überwiegend als ein gemeinsamer Markt und eine Zollunion verstanden, in ihrem Kern ist sie aber vor allem ein politisches Projekt, eine neue politische Idee für die Staatenordnung auf dem europäischen Kontinent. Um diese Idee geht es aber eigentlich bei der Entscheidung zum Brexit und nicht zuerst um die Wirtschaft. Und daher hat die britische Entscheidung auch große Auswirkungen auf die europäische Ordnung im 21. Jahrhundert.

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