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Wie Russland von einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine profitieren könnte

CHICAGO: Der jüngste NATO-Gipfel in Vilnius endete mit einer Zusage zur Aufnahme der Ukraine nach Ende ihres Krieges mit Russland. Während die Vorteile eines Beitritts der Ukraine zum Bündnis wohlbekannt sind und die meisten NATO-Länder die Ukraine als voraussichtliches Mitglied betrachten, bleibt ein Konsens über einen sofortigen Beitritt des Landes unerreichbar.

Doch sind die Ukraine und die bisherigen NATO-Mitglieder nicht die einzigen potenziellen Nutznießer einer ukrainischen Mitgliedschaft. Selbst Russland, das unter dem Vorwand der Verhinderung einer NATO-Erweiterung in der Ukraine einmarschiert ist, hat dadurch viel zu gewinnen. Der NATO-Beitritt der Ukraine würde Russland in die Lage versetzen, weniger Ressourcen auf die Produktion und Anhäufung von Munition zu verschwenden. Auch wenn die fixe Idee des Kremls von der Wiederherstellung eines russischen Großreichs nicht über Nacht verschwinden wird, könnte sich ihr Einfluss auf Entscheidungsprozesse verringern. Ähnlich wie Finnlands jüngster Beitritt wird der der Ukraine, sobald er erst einmal ein fait accompli ist, kein strittiger Punkt mehr sein.

Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin und seine Verbündeten wäre der NATO-Beitritt der Ukraine eine schlechte Nachricht. Doch den russischen Bürgern könnte er beträchtliche Vorteile bringen. Der Traum einer Wiederherstellung des russischen Großreichs wäre damit praktisch beerdigt, und daher würde es künftigen russischen Herrschern zunehmend schwerfallen, zur Konsolidierung ihrer Macht revanchistische und isolationistische Töne anzuschlagen. Auch könnte eine moderne, zukunftsorientierte Regierung in Moskau die Entstehung eines „Weimar-Russland-Szenarios“ verhindern, in dem ein besiegter, wirtschaftlich paralysierter Staat zum potenziellen Brutplatz für Möchtegern-Tyrannen wird.

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