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Trumps Uralt-Wahllüge

NEW YORK – Während die Vereinigten Staaten auf ihre wohl bedeutsamste und umstrittenste Präsidentschaftswahl seit sehr langer Zeit zusteuern, ist dort die Briefwahl in aller Munde. Einige halten diese Möglichkeit für notwendig, um inmitten der Covid-19-Pandemie den Zugang zu Wahlen für alle zu gewährleisten, insbesondere für Arbeiter und Minderheiten, die unverhältnismäßig hohe Infektionsraten aufweisen. Andere wiederum, darunter Präsident Donald Trump, sprechen sich lautstark gegen die Briefwahl aus und verweisen auf ein angebliches Betrugsrisiko.

Dieses Argument ist ein Schwindel – und auch nicht ganz neu. Schon in den letzten sechs Jahrhunderten versuchten diejenigen, die eine Einschränkung des Wahlrechts anstrebten, ihr Ziel zu erreichen, indem sie auf die Notwendigkeit pochten, die „Integrität“ des Wahlsystems zu wahren.

Man denke an England im frühen 15. Jahrhundert. Zu dieser Zeit entsandte jede englische Grafschaft zwei Ritter, die so genannten „Knights of the Shire”, als Vertreter in das Parlament. Und weil es kein formelles Gesetz gab, in dem geregelt war, wie diese Ritter (im Wesentlichen ein Ehrentitel) ausgewählt werden sollten, kam es dem Sheriff jeder Grafschaft zu, eine Wahl zu organisieren.

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