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Die Krise der angloamerikanischen Demokratie

NEW YORK – Wie kann es sein, dass in den zwei ehrwürdigsten und einflussreichsten Demokratien der Welt – dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten –  Donald Trump und Boris Johnson an die Macht kommen? Trump liegt nicht falsch, wenn er Johnson als „Britain Trump” (sic) bezeichnet. Es geht auch nicht um eine Frage ähnlicher Persönlichen oder Stile: vielmehr ist diese Entwicklung Ausdruck eklatanter Mängel in den politischen Institutionen, die es diesen Männern ermöglichten, das Ruder zu übernehmen.

Sowohl Trump als auch Johnson weisen eine von dem irischen Physiker und Psychologen Ian Hughes so bezeichnete „gestörte Psyche” auf. Trump ist ein notorischer Lügner, ein Verbreiter des Rassismus und Steuerhinterzieher in großem Stil. Im Bericht des US-Sonderermittlers Robert Mueller über seine 22-monatige Untersuchung des Trumpschen Präsidentschaftswahlkampfs im Jahr 2016 werden mehrere Fälle von Behinderung der Justiz durch Trump beschrieben. Über 20 Frauen beschuldigen Trump sexueller Übergriffe, mit denen er auf Band auch prahlt. Trump wies seinen Anwalt an, illegale Schweigegeldzahlungen zu tätigen, die einen Verstoß gegen die Bestimmungen für Wahlkampffinanzierung darstellen.

Johnsons persönliches Verhalten präsentiert sich ähnlich hemmungslos. Er gilt weithin als gewohnheitsmäßiger Lügner mit verlottertem Privatleben, einschließlich zweier gescheiterter Ehen und eines offenkundig heftigen häuslichen Streits im Vorfeld seiner Bestellung zum Premierminister. Wiederholt wurde er wegen Lügens und anderen unehrbaren Verhaltens im Beruf gefeuert. Im Jahr 2016 stand er an der Spitze der Brexit-Kampagne, die nachgewiesenermaßen mit falschen Behauptungen operierte. Als britischer Außenminister ließ er zweimal geheimdienstliche Informationen durchsickern –  in einem Fall französische Informationen über Libyen  und im anderen britische Geheimdienstinformationen über den Iran. Ebenso wie Trump ist er bei allen Altersgruppen durchaus unbeliebt, wobei die Beliebtheitswerte allerdings mit zunehmenden Alter der Wähler ansteigen.

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