German Federal Chancellor Angela Merkel Adam Berry/Getty Images)

Worauf wartet Deutschland?

BERLIN – Mehr als zehn Jahre seit der Finanzkrise von 2008 befindet sich die EU in einer langen Stagnationsphase, in der sie kaum Fortschritte gemacht hat. Gerade in der Gegenwart, in der sich dramatische weltpolitische Veränderungen und ebenso herausfordernde Krisen in der europäischen Nachbarschaft oder gar im Innern der Union ereignen, wie der Aufstieg eines neuen Nationalismus und damit einhergehend der direkte Angriff auf die Grundwerte von Rechtsstaat und Demokratie, ist eine Stärkung der Europäischen Union im Interesse aller Mitgliedstaaten und unverzichtbar, wenn das europäische Einigungsprojekt nicht scheitern soll.

Doch nichts passiert, und das liegt im Wesentlichen an Deutschland. Jahrelang dominierten nach 2008 Wachstumsschwäche und Wirtschaftskrise die Union. Zudem hatte es in Berlin immer geheißen, Deutschland müsse auf Frankreich warten, allein könne Deutschland die EU nicht voranbringen (was zutreffend war).

Dann wurde Emmanuel Macron mit einer explizit proeuropäischen und auf die Modernisierung der französischen Volkswirtschaft setzenden Agenda zum französischen Präsidenten gewählt. Frankreich war zurück, aber nunmehr war Deutschland nicht handlungsfähig, weil im Wahlkampf und danach von einer schwierigen Regierungsbildung absorbiert.

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