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Der bevorstehende deutsch-französische Affront

BERLIN – Die Brexit-Politik versinkt im Chaos. Die Europäische Union fragmentiert sich in nördliche, südliche, östliche und westliche Stämme. Und jetzt droht die deutsch-französische Ehe, die im Mittelpunkt des europäischen Projekts steht, auseinanderzubrechen.

Im Mai 2017, als sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und der neu gewählte französische Präsident Emmanuel Macron zum ersten Mal trafen, hofften viele auf eine Erneuerung der Gelübde. Massen von proeuropäischen Gratulanten jubelten ihnen zu. Macron, der frischgebackene Reformer, schien einen Midas-ähnlichen politischen Touch zu haben. Und Merkel befand sich auf dem Höhepunkt ihrer Macht auf der internationalen Bühne, da sie als neue „Anführerin der freien Welt” galt und das „sehr stabile Genie” im Weißen Haus, Donald Trump, ersetzte.

Merkel zitierte den deutschen Schriftsteller Hermann Hesse und bemerkte: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne”, fügte aber einen Vorbehalt hinzu: „Der Zauber hält nur an, wenn es Ergebnisse gibt”. Achtzehn Monate ist es mit dem Zauber eindeutig vorbei. Merkel hat nun die Führung der CDU abgegeben und wird sich nicht um eine weitere Amtszeit als Kanzlerin bewerben. Und Macron, weit davon entfernt, über das Wasser zu laufen, versucht derweil, nicht in einem Meer von gelb bekleideten Demonstranten unterzugehen.

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