fischer206_ Filip Singer - PoolGetty Images_turkey nato Filip Singer - Pool/Getty Images

Erdogan ist zurück

BERLIN – Ein Jahr ist es her, da gab man allenthalben nicht mehr viel auf die politische Zukunft des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die anhaltende Megainflation zerrüttete die türkische Wirtschaft, Millionen syrischer Flüchtlinge hatten und haben keine Perspektive auf eine Rückkehr in ihr Heimatland und dann ereignete sich ein verheerendes Erdbeben im Südosten der Türkei mit vielen Opfern und völlig überforderten Staatsbehörden, einschließlich einer endemischen Korruption.

Zudem wurde die Türkei in den letzten Jahren unter Erdogan seit dem gescheiterten Militärputsch im Juli 2016 mehr und mehr zu einem autoritären Staatswesen transformiert. Ebenso gab und gibt es keine Perspektive für eine Lösung der Kurdenfrage und einer Beendigung des Krieges gegen die PKK. Die Anti-Terror-Gesetzgebung in Verbindung mit einer willfährigen Justiz sollte sich als das entscheidende Instrument zur Unterdrückung jeglicher Opposition erweisen.

In der Außenpolitik schien die Trennung vom Westen und der NATO immer näher zu rücken. Der Erwerb eines russischen Flugabwehrsystems durch die Türkei schien die Rüstungszusammenarbeit mit den USA zu beenden, dazu war die Annäherung an die EU fast völlig zum Stillstand gekommen. Erdogans Abwahl bei den nationalen Wahlen im Jahr 2023 schien eine realistische Zukunftsoption zu sein. Vor allem in Europa hatte man diese Hoffnung, aber sie erwies sich als großer Irrtum. Die Mehrheit der türkischen Bevölkerung war anderer Meinung.

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