Xi Jinping VCG/Getty Images

Eine „China First“-Strategie für Nordkorea

LONDON – Die meisten Experten sind sich einig, dass die am wenigsten schlechte Möglichkeit im Umgang mit Nordkoreas atomarem Säbelrasseln weiterhin aus In-Schach-Halten in Verbindung mit energisch betriebener Diplomatie besteht. Weniger Beobachter haben allerdings erkannt, dass eine chinesische Invasion oder ein infolge der Androhung eines chinesischen Einmarsches erzwungener Regimewechsel die am wenigsten schlechte militärische Option sind – impliziert in der beharrlichen Forderung von US-Präsident Donald Trump, China möge Verantwortung für seinen gefährlichen Nachbarn übernehmen.

Eine solche Entwicklung, die das strategische Gleichgewicht in Ostasien deutlich zugunsten von China verlagern würde, ist nicht so unwahrscheinlich wie die meisten glauben. Tatsächlich ist gerade die Plausibilität dieser Entwicklung ein Grund, warum dieses Szenario ernst zu nehmen ist, unter anderem von chinesischen Militärstrategen. In Trumps Rhetorik handelt es sich um eine „China First“-Option, die China zu neuer Größe verhelfen könnte: „Make China Great Again“.

Jede militärische Einmischung, ob aus China oder anderswo, wäre mit enormen Risiken verbunden. Ohne an dieser Stelle darauf einzugehen, ist zu überlegen, was eine erfolgreiche chinesische Intervention erreichen würde. Erst einmal würde Nordkorea genau da platziert, wo es der Geschichte des Landes nach dem Koreakrieg zufolge hingehören sollte: unter einen chinesischen Nuklear-Schutzschirm, wo es von einer glaubwürdigen Sicherheitsgarantie profitiert.

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