Warum Eurobonds unamerikanisch sind

BRÜSSEL: Der sich derzeit in Europa herausbildende Konsens besagt, dass nur eine „Schuldenvergemeinschaftung“ in Form von Eurobonds die Eurokrise lösen kann, und deren Befürworter verweisen häufig auf die Frühzeit der USA, als Alexander Hamilton, Präsident George Washingtons Finanzminister, die neue Bundesregierung erfolgreich drängte, die Schulden der amerikanischen Einzelstaaten aus dem Revolutionskrieg zu übernehmen. Doch wenn man genauer hinsieht, so zeigt sich, dass dieses frühe US-Erlebnis weder eine nützliche Analogie noch einen ermutigenden Präzedenzfall für Eurobonds abgibt.

Zunächst einmal ist die Übernahme bestehender einzelstaatlicher Schulden auf Bundesebene etwas ganz Anderes, als einzelnen Mitgliedsstaaten zu gestatten, Anleihen mit gesamtschuldnerischer Haftung zu begeben, die von allen Mitgliedsstaaten gemeinsam garantiert werden. Hamilton musste sich keine Sorgen um Moral-Hazard-Probleme machen, weil die Bundesregierung keinerlei neue Schulden, die die Einzelstaaten eingingen, garantierte.

Zweitens bleibt meist unerwähnt, dass die Schulden der US-Bundesregierung zum damaligen Zeitpunkt mit ca. 40 Millionen Dollar sehr viel höher waren als die der Einzelstaaten (ca. 18 Millionen Dollar). Die Übernahme der einzelstaatlichen Schulden war daher keine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Finanzstabilisierung des neuen Landes nach dem Krieg, sondern eine logische Folge der Tatsache, dass der Großteil der Schulden im Kampf für eine gemeinsame Sache angehäuft worden war.

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