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Die Grenzen von Chinas Charme-Offensive

BRÜSSEL – Für viele im Westen hat sich China gewandelt, von einem Land, das „einen klaren Kopf bewahrt und sich ansonsten bedeckt hält“, wie es Deng Xiaoping formulierte, zu einem Land, das einen guten internationalen Krach liebt. Einen australischen Bergbauexperten hinter Gitter bringen, Google ausquetschen, die Europäische Union bei wichtigen Dialogen auf Distanz halten und einen mittleren Beamten auf den Klimagipfel nach Kopenhagen schicken, damit er mit erhobenem Zeigefinger Präsident Obama belehrt, ist jedenfalls nicht die geschickteste Art und Weise, sein Gegenüber von seinen konstruktiven Absichten zu überzeugen.

Auch die Tatsache, dass China die Sanktionen gegenüber dem Iran ständig weiter verwässert, in große offensive Militärsysteme investiert und die politischen Führer aus dem Westen wegen unverantwortlicher Finanzpolitik und Protektionismus anprangert, ist keineswegs beruhigend. Aber diese Litanei soll hier nicht aufgeführt werden, um Chinas unberechenbares Verhalten zu unterstreichen, sondern um darzulegen, in welchem Dilemma es sich befindet: wenn es sich wie eine „normale“ Macht verhält, vergisst die Welt, wie viele Abermillionen Menschen dort noch den Weg aus der Armut finden müssen.

Die politischen Führer Chinas scheinen sich dieses Dilemmas bewusst zu sein und sind in Wahrheit gar nicht so erpicht auf einen harten Konkurrenzkampf mit dem Westen oder seinen Nachbarn. Während des jüngsten Nationalen Volkskongresses hat Premierminister Wen Jiabao betont, dass China sich nicht übernehmen darf und dass die Volksrepublik immer noch Stabilität braucht, wenn sie eine Gesellschaft werden will, die ihren Bürgern einen angemessenen Lebensstandard bietet.

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