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Was ist, wenn Nullzinsen die neue Normalität sind?

TOKIO – Schon seit die großen Notenbanken im Herbst 2008 die kurzfristigen Zinssätze auf nahezu null senkten und anschließend im Rahmen ihrer quantitativen Lockerung enorme Mengen an Anleihen aufkauften, debattieren die Ökonomen, wann und wie schnell der „Ausstieg“ aus dieser unorthodoxen Geldpolitik erfolgen würde.

Doch ein Jahrzehnt später liegen die Zinsen in den hochentwickelten Ländern noch immer deutlich unter Vorkrisenniveau, und das dürfte auch so bleiben. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen von -0,02% (Stand: 23. März) signalisiert die Markterwartung, dass die Europäische Zentralbank ihre Nullzinspolitik nicht bloß bis 2020 (dem in den offiziellen Hinweisen der EZB zur Leitzinsentwicklung avisieren Datum), sondern bis 2030 fortsetzen wird. Die Renditen japanischer Anleihen implizieren Null- oder Negativzinsen für sogar noch länger. Und während die Zehnjahresrenditen in den USA und Großbritannien knapp über 1% bzw. 2,4% liegen, legen beide jeweils nahe, dass für die nächsten zehn Jahre minimale oder gar keine Erhöhungen der Leitzinsen folgen werden.

Die Finanzkrise von 2008 hat also womöglich ein volles Vierteljahrhundert drastisch niedrigerer Zinsen eingeläutet. In dieser neuen Normalität könnten in einigen Ländern noch weitere unorthodoxe geldpolitische Maßnahmen – darunter Formen der Finanzierung staatlicher Schulden über die Geldpolitik – erforderlich sein, um ein angemessenes Wachstum aufrechtzuerhalten.

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