The symbol of the Euro Hannelore Foerster/Getty Images

Das neue Normal der Zentralbanken

LONDON – Die Zentralbanken haben die Art und Weise, wie sie Geldpolitik umsetzen, drastisch verändert. Seit der globalen Finanzkrise 2008 stellen die US-Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank den Banken und anderen Finanzinstituten Liquidität direkt zur Verfügung - eine Tätigkeit, die früher den Geldmärkten vorbehalten war - und weiten ihre Bilanzen massiv aus. Ist es mittlerweile an der Zeit, diese Änderungen rückgängig zu machen, die Interbanken-Geldmärkte wiederzubeleben und die Bilanzen der Zentralbanken zu straffen, oder haben wir es mit einem neuen Normalzustand zu tun?

Freilich sind die Bilanzen der Zentralbanken bereits auf dem Weg in Richtung einer gewissen Verringerung. Die US-Notenbank Fed und die EZB haben deutlich ihre Absicht erklärt, die quantitative Lockerung durch einen schrittweisen Abbau ihrer Anleihebestände zurückzufahren. Der andere Grund für die Bilanzausweitung der Zentralbanken - die Bereitstellung üppiger Reserven für den Finanzsektor - steht jedoch nach wie vor zur Debatte. Die Fed hat diesen Ansatz bereits formell als ihren neuen operativen Rahmen übernommen, während die EZB eine Überprüfung dieser Strategie eingeleitet hat.

Die grundlegende Frage, die es zu beantworten gilt, lautet, ob die Vorteile - nämlich die zusätzliche Finanzstabilität - die Risiken rechtfertigen. In diesem Zusammenhang sollte man sich zunächst fragen, warum die Zentralbanken überhaupt damit begannen, den Banken Reserven zur Verfügung zu stellen. Während der Krise des Jahres 2008 brach das Vertrauen in die Bonität der Finanzinstitute zusammen und die Gefahr einer Ansteckung ließ die Interbanken-Geldmärkte einfrieren. Das zwang die Zentralbanken zur Intervention. Durch die direkte Bereitstellung von Liquidität für jeden Marktteilnehmer, ersetzten die Währungsbehörden durch ihre Bilanzen praktisch den Geldmarkt.

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