Der Jonglage-Künstler der Bank of England

LONDON – Wenn man in Kanada ist und sagt, dass man aus London kommt, fragen die Einheimischen häufig, ob man London, Ontario, oder London, England, meint. Ich finde diese Frage immer leicht irritierend, was wohl etwas über die Hartnäckigkeit der kolonialistischen Denkart des britischen Imperiums verraten dürfte.

Möglicherweise werden die Kanadier schon bald nicht mehr nachfragen müssen: In London sind wir jetzt alle Kanadier. Mit dem, was ein Kommentator als „Aussehen eines Rockstars und ein entwaffnendes Auftreten in der Öffentlichkeit“ beschrieben hat, ist es dem ehemaligen Chef der kanadischen Notenbank Mark Carney gelungen, die Stadt in seinen ersten Wochen als Gouverneur der Bank of England (BoE) im Sturm zu erobern.

Bei der altehrwürdigen britischen Zentralbank ist Veränderung das Gebot der Stunde. Weg mit der verstaubten geldpolitischen Ausrichtung auf ein Inflationsziel, mit ihrer Fixierung auf den Verbraucherpreisindex und der Nichtbeachtung von Ungleichgewichten im Finanzsektor. Her mit einer schönen neuen Welt der „state-contingent threshold-based forward guidance“. Frei übersetzt handelt es sich dabei um ein „Niedrigzinsversprechen der Bank of England mit Bindung an einen Schwellenwert“, inklusive dreier vorbehaltlicher „K.-O.Kriterien“, die zu einer Änderung des Niedrigzinsversprechens (Forward Guidance) führen können. Wir mussten unser Zentralbank-Vokabular um eine ganze Reihe neuer Begriffe erweitern. Es sind aufregende Zeiten für die BoE im Herzen des Finanzviertels (eine Themse gibt es in Ontario übrigens auch).

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