benkredda1_ MAHMUD TURKIAAFP via Getty Images_libya voter registration MAHMUD TURKIAAFP via Getty Images

Libyens nächste Wahl muss zählen

TUNIS – Am 24. Dezember sollen die libyschen Bürgerinnen und Bürger für die erste Runde der Präsidentschaftswahlen, die bereits seit Jahren vorbereitet werden, an die Urnen gehen. Nach Jahrzehnten der Diktatur, des Bürgerkriegs und darauf folgender lähmender Unsicherheit soll nun gewählt werden. Damit die Ergebnisse aber weithin anerkannt werden, müssen die Wähler eine gut informierte Wahlentscheidung treffen können.

Möglicherweise geschieht dies nicht. Aufgrund des engen Wahlkalenders haben die Libyer nur wenig Zeit, sich über die mehr als 70 Kandidaten genau zu informieren. Wegen der Anwesenheit ausländischer Kräfte im Land und der Angst vor erneuten Konflikten wurde die Wahlkampfperiode auf zwei Wochen verkürzt. Darüber hinaus sind kaum genaue Informationen über die Kandidaten verfügbar, weil die libysche Medienlandschaft stark fragmentiert ist. Ohne eine intensive öffentliche Debatte werden die Wahlergebnisse nur die bereits bestehenden Spaltungen im Land widerspiegeln – und vielleicht noch verstärken. Obwohl sich die meisten Libyer offensichtlich nach Frieden und Stabilität sehnen, könnte die Wahl zu mehr Gewalt führen.

Nach dem Ende des zweiten libyschen Bürgerkriegs im Oktober 2020 rief ein von den Vereinten Nationen vermittelter Friedensprozess die achte Übergangsregierung des Landes seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafis Regime im Jahr 2011 ins Leben. Eins der Hauptziele der Regierung war, die erste freie und direkte Präsidentschaftswahl des Landes überhaupt abzuhalten. Um diesen Prozess zu unterstützen, haben meine Kollegen und ich den größten Teil des letzten Jahres damit verbracht, Debatten der Präsidentschaftskandidaten des Landes zu planen.

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