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Die grundlegende Schwäche der Weltwirtschaft

GENF – Als Lehman Brothers vor zehn Jahren Konkurs erklärte, war plötzlich nicht mehr klar, wer wem was schuldete, wer seine Schulden nicht bezahlen konnte und wer als Nächstes pleitegehen würde. Infolgedessen froren die Interbanken-Kreditmärkte ein, an der Wall Street kam es zur Panik, und Unternehmen gingen unter, und zwar nicht nur in den USA, sondern weltweit. Die Politik tat sich schwer, auf die Krise zu reagieren, und die Wirtschaftsexperten fragten sich, ob die seit den 1980er Jahren anhaltende „Große Mäßigung“ geringer Volatilität des Geschäftszyklus dabei sei, sich in eine neuerliche Große Depression zu verwandeln.

Im Nachhinein war die Selbstzufriedenheit im Vorfeld der Krise eindeutig nicht zu rechtfertigen. Und doch hat sich im Gefolge der Krise kaum etwas verändert. Natürlich, man sagt uns, dass das Finanzsystem einfacher, sicherer und fairer sei. Doch die Banken, die von dem öffentlichen Geld profitierten, sind heute größer denn je; undurchsichtige Finanzinstrumente sind einmal mehr de rigueur; und die Bonustöpfe der Banker quellen über. Zugleich hat sich das un- oder unterregulierte „Schattenbankenwesen“ zu einem Geschäft im Umfang von 160 Billionen ausgewachsen. Das ist zweimal die Größe der Weltwirtschaft.

Dank der Billionen an Liquidität, die die großen Notenbanken im Laufe des vergangenen Jahrzehnts in die Weltwirtschaft gepumpt haben, haben sich die Vermögensmärkte erholt, es ist bei den Unternehmen eine Fusionswelle im Gange, und Aktienrückkäufe haben sich zu einem Maßstab für Managementgeschick entwickelt. Die Realwirtschaft dagegen stottert vor sich hin – durch vergängliche Phasen des Optimismus und zwischenzeitliches Gerede über die Risiken. Und während sich die Politiker einreden, dass hohe Aktienkurse und Exporte die Durchschnittseinkommen steigern werden, wurden in Wahrheit die meisten der Gewinne bereits von denjenigen an der Spitze der Pyramide vereinnahmt.

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