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Kann die direkte Demokratie den Populismus besiegen?

SARAJEVO – Seit der doppelten Katastrophe des Jahres 2016 – dem britischen Brexit-Referendum und der Wahl von US-Präsident Donald Trump – verbreitet sich die Angst vor einer „globalen Welle“ des Populismus und das Händeringen über die Schwächen der so genannten direkten Demokratie. In Großbritannien sollte das Volk eine übermäßig vereinfachende Drinnen-oder-draußen-Frage beantworten, und in den Vereinigten Staaten wurden 2016 die Vorwahlen der Republikanischen Partei verantwortungslosen Wählern und radikalen Aktivisten in die Hände gegeben. Seitdem gibt es Aufrufe, die „Torwächter“ wieder einzusetzen, was eine höfliche Art ist zu sagen, dass die ungebildeten Massen so weit vom politischen Entscheidungsprozess entfernt gehalten sollen wie möglich.

Aber dieser liberale Impuls spiegelt eine Fehleinschätzung der jüngsten Geschichte wider: Nicht die Massen haben Trump und den Brexit möglich gemacht, sondern die Eliten. Darüber hinaus wird durch eine schamlos elitäre Ablehnung der direkten Demokratie nicht nur die Argumentation der Populisten bestätigt, sondern auch die Tatsache ignoriert, dass Volksabstimmungen eine höchst effektive Waffe gegen Populisten sein können.

Trump und die Brexit-Agitatoren wie Nigel Farage verdanken ihre Siege keiner fatalen Schwäche der direkten Demokratie, sondern den Eliten, die mit ihnen gemeinsame Sache gemacht haben. Die konservativen britischen Politiker mögen zwar über Farage die Nase gerümpft haben, aber viele von ihnen haben seinen Einsatz für den Brexit durchaus befürwortet, ebenso wie Trump durch die Elite der republikanischen Partei formal unterstützt wurde. Ja, Millionen von Briten stimmten für „Leave“, und Millionen Amerikaner wählten einen offensichtlich unqualifizierten Präsidentschaftskandidaten. Dies liegt aber daran, dass ihnen von bekannten Figuren wie Boris Johnson und dem ehemaligen Sprecher des Repräsentantenhauses Newt Gingrich versichert wurde, dass sie das Richtige tun.

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