roach113_XinhuaZhang Ailin via Getty Images_coronaviruschinaeconomyfactoryworker Xinhua/Zhang Ailin via Getty Images

Wenn China niest

NEW HAVEN – Die Weltwirtschaft hat sich erkältet. Der Ausbruch von Covid-19 ist zu einem besonders anfälligen Zeitpunkt im globalen Wirtschaftszyklus erfolgt. Die Weltproduktion expandierte 2019 nur um 2,9% – das geringste Tempo seit der globalen Finanzkrise 2008-09 und nur 0,4 Prozentpunkte über der Schwelle von 2,5%, die typischerweise mit einer globalen Rezession in Verbindung gebracht wird.

Darüber hinaus hat die Verwundbarkeit der meisten großen Volkswirtschaften im Laufe des letzten Jahres zugenommen, was die Aussichten für Anfang 2020 umso unsicherer macht. In Japan, der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt, schrumpfte das Wachstum auf das Jahr hochgerechnet im vierten Quartal um 6,3% – viel stärker als nach einer weiteren Erhöhung der Mehrwertsteuer erwartet. Die Industrieproduktion ging im Dezember sowohl in Deutschland   (-3,5%) als auch in Frankreich (-2,6%), der fünft- bzw. zehntgrößten Volkswirtschaft der Welt, stark zurück. Die Vereinigten Staaten, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, zeigten sich im Vergleich dazu relativ widerstandsfähig, doch ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,1% im vierten Quartal 2019 kann kaum als Boom bezeichnet werden. Und in China – heute die größte Volkswirtschaft der Welt in Bezug auf die Kaufkraftparität – verlangsamte sich das Wachstum im letzten Quartal 2019 auf ein 27-Jahres-Tief von 6%.

Mit anderen Worten gab es zu Beginn dieses Jahres keinen Raum für einen Unglücksfall. Doch es hat ein großes Unglück gegeben: China ist durch den Corona-Schock erschüttert worden. Im vergangenen Monat hat die Kombination aus einer beispiellosen Quarantäne der Provinz Hubei (58,5 Millionen Einwohner) und drakonischen Einschränkungen des innerstädtischen (und internationalen) Reiseverkehrs die chinesische Wirtschaft praktisch zum Erliegen gebracht. Täglich vom China-Team der US-Großbank Morgan Stanley zusammengestellte Aktivitätsaufzeichnungen unterstreichen die landesweiten Auswirkungen dieser Störung. Am 20. Februar war der Kohleverbrauch (nach wie vor 60% des gesamten chinesischen Energieverbrauchs) gegenüber dem Vorjahr um 38% geringer, und Vergleiche des landesweiten Verkehrswesens fielen sogar noch schwächer aus, was es den fast 300 Millionen Wanderarbeitern in China extrem erschwert hat, nach dem Neujahrsfest in die Fabriken zurückzukehren.

https://prosyn.org/azbYXFXde