boccaletti14_NASA via Getty Images_space NASA via Getty Images

Die KI-Revolution in der Klimawissenschaft

LONDON – Wir erleben gerade den Beginn eines Paradigmenwechsels in den Geowissenschaften. Eine im Juli in Nature veröffentlichte wissenschaftliche Arbeit zeigt, dass ein neuronales Netz (künstliche Intelligenz) das Wetter besser vorhersagen kann als das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage, das über das weltweit modernste Vorhersagesystem verfügt. Im November gab dann das Google-Unternehmen DeepMind bekannt, dass seine KI für Wettervorhersage sogar noch zuverlässigere Prognosen erstellt hat.

Der traditionelle Ansatz in der Wettervorhersage besteht darin, Beobachtungen zu einem bestimmten Zeitpunkt als Ausgangsbedingung für Gleichungen zu verwenden, die auf physikalischen Prinzipien beruhen. Im Gegensatz dazu nimmt eine KI über lange Zeiträume gesammelte Daten auf und „lernt“ dann die Dynamik, die herkömmliche Gleichungen explizit beschreiben müssen. Sowohl die traditionelle als auch die KI-basierte Methode stützen sich auf Supercomputer, aber KI benötigt keine formal entwickelten Theorien.

Wettervorhersagen bestimmen, wann und wo Flugzeuge fliegen, welche Routen Schiffe nehmen und sie unterstützen die Steuerung sämtlicher Arten ziviler und militärischer Risiken, die aus einer sich verändernden Umwelt entstehen. Diese Prognosen sind also von größter Bedeutung. Auch wenn die Entwicklung von KI-Anwendungen in diesem Bereich noch relativ am Anfang steht und - wie auch in anderen Sektoren - noch viel zu tun bleibt, könnten KI-gestützte Wettervorhersagen qualifizierte Arbeitskräfte überflüssig machen, da neuronale Netze keine Kenntnisse in dynamischer Meteorologie brauchen (die Autoren des Nature-Artikels sind Ingenieure ohne entsprechenden Hintergrund). Doch das werden kaum die einzigen Folgen sein.

https://prosyn.org/tJsbbslde