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Das verborgene Vermögensgefälle

PARIS – Die diesjährige Trägerin des Wirtschaftsnobelpreises, Claudia Goldin, ist im Grunde ihres Herzens eine Optimistin. Manche würden vielleicht sagen, das muss sie auch sein. Schließlich haben ihre Forschungen zu den langfristigen Trends im Bereich ökonomischer Ungleichheit zwischen Männern und Frauen immer wieder ergeben, dass der Fortschritt für Frauen alles andere als linear verläuft. Goldins mittlerweile berühmte „U-förmige Kurve” zeigt, dass Frauen in den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts aus vielen Berufen hinausgedrängt wurden, so dass nachfolgende Generationen im 20. Jahrhundert verlorenen Boden wettmachen mussten.

Wenn so etwas schon einmal vorgekommen ist, könnte es dann nicht wieder passieren? Ein vielfach der französischen Philosophin Simone de Beauvoir zugeschriebenes Zitat mahnt: „Man vergesse nie, dass eine einzige politische, wirtschaftliche oder religiöse Krise reicht, um Frauenrechte infrage zu stellen.“

Dennoch glaubt Goldin, die wohlhabenden Länder stünden an der Schwelle zu dem von ihr so bezeichneten „letzten Kapitel“ einer „großen Konvergenz der Geschlechter.“ Erreichen ließe sich diese ihrer Meinung nach durch eine Kombination von Veränderungen am Arbeitsplatz (Abschaffung „gieriger“ Jobs, die Verfügbarkeit am Abend und am Wochenende erfordern) und zu Hause (durch eine gleichberechtigte Aufteilung der Haus- und Sorgearbeit).  Nun, da Frauen die gleiche Entscheidungsfreiheit bei der Berufswahl genießen wie Männer, könnten diese Fortschritte die Einkommenslücke auf Null reduzieren.

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