op_jilevy3_ Dirck HalsteadGetty Images_clinton1 Dirck Halstead/Getty Images

Die Entwicklung der modernen politischen Macht

CHICAGO – Wo die Macht wirklich liegt, ist nicht immer klar. Im Jahr 1998 war der amerikanische Präsident Bill Clinton zweifellos einer der mächtigsten Männer der Welt. Nach dem Sieg im Kalten Krieg waren die USA zu dem geworden, was der französische Außenminister Hubert Védrine eine hyperpuissance nannte – eine Supermacht, sowohl was die harte als auch was die weiche Macht betraf. Ungeachtet des Monica-Lewinsky-Skandals boomte Amerikas „New Economy“, und Clintons Umfragewerte waren nach seinem überwältigenden Wiederwahlsieg 1996 immer noch gut. Die von den USA angeführte Globalisierung war ebenso auf dem Vormarsch wie die repräsentative Demokratie.

Ein zentrales Merkmal der neoliberalen Globalisierung Ende der 1990er-Jahre war die zunehmende grenzüberschreitende Mobilität von kurzfristigem Finanzkapital. Die Flucht dieses „heißen Geldes“ aus vielen ostasiatischen Volkswirtschaften löste 1997 eine weltweite Finanzkrise aus. Als Clinton insgeheim über die Einberufung der G7 nachdachte, dachte er über die Schaffung eines „Bretton Woods II“ als Nachfolger des internationalen Währungssystems nach, das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die nationale Regulierung des globalen Finanzkapitals untermauert hatte.

Wie er in einem privaten Telefongespräch mit dem britischen Premierminister Tony Blair erklärte, „ging Bretton Woods vor 50 Jahren davon aus, dass es in jedem Fall darum gehen würde, genügend Geld zu finden, um Handel und Investitionen zu erleichtern – und nicht darum, dass die Geldströme selbst zu einer größeren Naturgewalt in der Weltwirtschaft werden.“ Clinton erwog daher sogar die Gründung einer neuen Weltzentralbank.

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