op_soros3_Anthony KwanGetty Images_hongkongprotest Anthony Kwan/Getty Images

Wie eine demokratische Gegenoffensive Erfolg haben kann

DAVOS – Wir leben in einem historischen Moment des Wandels. Das Fortbestehen offener Gesellschaften steht auf dem Spiel, und darüber hinaus sind wir mit einer noch gewaltigeren Aufgabe konfrontiert: dem Klimawandel. Er ist eine Bedrohung für das Überleben unserer Zivilisation. Diese doppelte Herausforderung hat mich zur Ankündigung des wichtigsten Projekts meines Lebens veranlasst. 

Wie ich in meinem vor kurzem erschienenen Buch Für die Verteidigung der offenen Gesellschaft (In Defense of Open Society) darlege, ist das Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten in einem Moment großer Umbrüche weitaus vielfältiger als in gewöhnlichen Zeiten. Es ist einfacher, Ereignisse zu beeinflussen, als das Geschehen zu verstehen. Infolgedessen ist es unwahrscheinlich, dass sich die Ergebnisse mit den Erwartungen der Menschen decken. Dies hat bereits weit verbreitete Unzufriedenheit hervorgerufen, die populistische Politiker für ihre Zwecke zu instrumentalisieren wissen.

Die offenen Gesellschaften waren nicht immer auf eine derart entschlossene Verteidigung angewiesen wie heute. Als ich vor etwa vierzig Jahren mein Engagement, das ich als meine politische Philanthropie bezeichne, begann, stand uns der Wind im Rücken und gab uns Auftrieb. Internationale Zusammenarbeit war das vorherrschende Credo – und in mancher Hinsicht hatte sie sich selbst in der zerfallenden und ideologisch bankrotten Sowjetunion durchgesetzt: Man erinnern sich nur an die marxistische Parole „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ Die Europäische Union war im Aufstieg begriffen, und ich empfand sie als Verkörperung der offenen Gesellschaft.

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