yellow vests arc de triomphe Veronique de Viguerie/Getty Images

Die Revolution, die Europa braucht

STRASSBURG – Die spontanen Straßenproteste in Paris im vergangenen Monat ereigneten sich fast genau 50 Jahre nach der Massenrevolte vom Mai 1968. Das heißt allerdings nicht, dass die beiden Ereignisse miteinander vergleichbar wären. Bei den événements de mai 1968 handelte es sich um einen anarchistischen Aufstand von Studenten und Arbeitern gegen den Traditionalismus und offenkundigen Autoritarismus des damaligen Präsidenten Charles de Gaulle. Im Gegensatz dazu scheuten die „Gelbwesten” von heute die intellektuelle und politische Debatte und sind rasch zu einem randalierenden Mob verkommen.

Was als gemäßigter Protest der Mittelschicht gegen neue Steuern auf Diesel begann, wurde von professionellen Schlägern und Extremisten vereinnahmt, die gegen Migranten, die Europäische Union und den französischen Präsidenten Emmanuel Macron wettern. „Paris brennt,” frohlockte Steve Bannon, früherer Consigliere von US-Präsident Donald Trump, anlässlich eines Auftritts vor kurzem an der Seite von Marine Le Pen von der rechtsextremen Rassemblement National (ehemals Front National). Bannon zufolge handelt es sich bei den „Gelbwesten… um genau jene Art von Menschen, die Donald Trump wählten … und für den Brexit stimmten.“  

Noch schlimmer ist, dass sich der extremistische Aktivismus bereits auf Frankreichs Nachbarländer Belgien und Niederlande ausgeweitet hat, wo es jetzt eigene Gelbwesten-Bewegungen gibt. Und in Italien hat der ausländerfeindliche Innenminister Matteo Salvini die Ausschreitungen genutzt, um eine Breitseite gegen Macrons Politik abzufeuern, wenngleich Italien eine Reformagenda im Stile Macrons noch dringender nötig hätte als Frankreich.  

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