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Der Chaos-Quotient der US-Wahlen

NEW YORK – Die Meinungsumfragen in den USA deuten seit geraumer Zeit die hohe Wahrscheinlichkeit eines Erdrutschsiegs der Demokratischen Partei bei der Wahl am 3. November an. Dabei würde Joe Biden die Präsidentschaft gewinnen, und die Demokraten würden die Kontrolle über den US-Senat erringen und die Mehrheit im Repräsentantenhaus verteidigen. Dies würde alle Regierungsbereiche unter die Kontrolle einer Partei bringen.

Sollten sich die Wahlen jedoch überwiegend als Referendum über Präsident Donald Trump erweisen, besteht auch die Möglichkeit, dass die Demokraten das Weiße Haus erobern, nicht aber den Senat. Zudem ist nicht auszuschließen, dass Trump einen engen Pfad zu einem Sieg im Electoral College (Wahlkollegium) findet und die Republikaner ihre Senatsmehrheit verteidigen, was den Status quo reproduzieren würde.

Noch beunruhigender sind die Aussichten auf ein lange umstrittenes Wahlergebnis, bei dem beide Seiten sich weigern, ihre Niederlage einzugestehen und vor Gericht, durch die Medien und auf den Straßen hässliche juristische und politische Gefechte ausfechten. Bei der umstrittenen Wahl im Jahr 2000 dauerte es bis zum 12. Dezember, bis die Angelegenheit entschieden war: Der Oberste Gerichtshof entschied damals zugunsten von George W. Bush, und sein demokratischer Widersacher Al Gore gestand seine Niederlage mit Anstand ein. Der durch die politische Unsicherheit verunsicherte Aktienmarkt fiel in diesem Zeitraum um mehr als 7%. Diesmal könnte sich die Unsicherheit noch viel länger – vielleicht monatelang – hinziehen, was für die Märkte ernste Risiken birgt.

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