Die überholte Unabhängigkeit der Zentralbanken

BUENOS AIRES – Im Zuge der weltweiten Finanzkrise wurden die Aufgaben der Zentralbanken grundlegend in Frage gestellt. In den letzten beiden Jahrzehnten war das einzige und vorrangige Ziel der meisten von ihnen die Sicherung der Preisstabilität. Dieser Schwerpunkt unterstützte den Aufstieg der “Inflationsbekämpfung” zur bevorzugten geldpolitischen Strategie und führte zur operativen Unabhängigkeit der Zentralbanken. Diese Politik war erfolgreich: Die Disziplin einer strengen und rigorosen Konzentration auf ein einziges Ziel ermöglichte es den Politikern, die Inflation erst unter Kontrolle zu halten und dann zu besiegen.

Diese enge Vorgehensweise führte aber dazu, dass die Bildung von Vermögens- und Rohstoffblasen ignoriert und die daraus folgende Instabilität des Bankensektors nicht wahrgenommen wurde. Allein dies spricht schon für eine Neueinschätzung der Effizienz der Inflationsbekämpfung. Darüber hinaus waren die Zentralbanken nach dem Ausbruch der Finanzkrise gezwungen, die Inflationsbekämpfung aufzugeben und eine Vielzahl unkonventioneller geldpolitischer Maßnahmen zu ergreifen, um die Folgen des Crashs abzumildern und die Erholung der Wirtschaft zu fördern.

Während die Industrienationen versuchten, den Finanzkollaps zu verhindern, der Rezession zu entkommen, die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und das Wachstum wiederherzustellen, sollten die Zentralbanken parallel dazu Lösungen für die wachsenden Ungleichgewichte finden. Dies führte zur Suche nach einer radikalen Neudefinition der Ziele der Zentralbanken – und zu Zweifeln daran, ob ihre Unabhängigkeit weiterhin angemessen sei.

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