Fremde ins Land?

Migration ist die Seite der Globalisierung, die, um es mit Oscar Wilde zu sagen, niemand beim Namen nennen will. Befürworter der Globalisierung behandeln das Thema wie ein heißes Eisen, weil sie befürchten, es könne nationalistische Gegenreaktionen auslösen. Ehrbare Gegner der Globalisierung vermeiden es aus Angst, man würde ihnen Rassismus oder Gefühllosigkeit gegenüber dem Elend der Ärmsten der Welt vorwerfen.

Dieses Schweigen ist nicht nur unaufrichtig, es ist mit Sicherheit gefährlich. Die Vorstellung von einer globalen Integration der Wirtschaft meint theoretisch eine Welt, in der Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit vollständig integriert sind. Obwohl sich heute viele Märkte immer stärker öffnen - auch wenn andere, besonders der der Landwirtschaft, noch immer durch Protektionismus in seinen Bedingungen verzerrt sind - ist die Integration der globalen Arbeitsmärkte größtenteils aus dem Globalisierungsprozess ausgeschlossen geblieben.

Das ist kaum verwunderlich. Über Jahrhunderte hinweg waren die Regierungen immer bemüht, "ihre" Armen und Ungelernten vor dem Wettbewerb mit Einwanderern zu schützen. Natürlich verschwinden solche Belange schnell, wenn Länder reich werden und sich kaum mehr jemand findet, der die schlechtbezahlten Jobs ausführen will. Die Geschichte der großen Einwanderungswellen in die USA im 19. und 20. Jahrhundert folgt weitgehend diesem Muster. Das gleiche gilt für die indo-pakistanische und afro-karibische Migration nach Großbritannien nach dem letzten Weltkrieg, als sich Großbritannien als imperiale Macht zurückzog, sowie für die Migration der Algerier nach Frankreich und der Türken nach Deutschland während der Zeit des "Wirtschaftswunders" in den 60er Jahren.

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