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Kann Spanien europäische Führung beweisen?

MADRID – Nur wenige Stunden nachdem die regierende Sozialistische Partei Spaniens bei den Regional- und Kommunalwahlen eine deutliche Schlappe erlitten hat, kündigte Ministerpräsident Pedro Sánchez an, dass die für Ende des Jahres geplanten Parlamentswahlen vorgezogen werden – auf den 23. Juli. Da Spanien am 1. Juli den rotierenden Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernehmen wird, ist der Zeitpunkt alles andere als ideal.

Ein Land, das die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hat sechs Monate Zeit, um Sitzungen zu leiten, die politische Arbeit zu koordinieren und für Kontinuität zu sorgen – kurz gesagt, um die Agenda der Union voranzubringen. Die Rotation der Präsidentschaft wird jedoch Jahre im Voraus festgelegt, und Ereignisse kommen dazwischen. Infolgedessen wurde die Präsidentschaft von Regierungen besetzt, deren Handlungsfähigkeit schwindet, da sich ihre Amtszeit sich dem Ende nähert, und einige – wie etwa die des französischen Präsidenten Emmanuel Macron – nutzen sie als Teil eines nationalen Wahlkampfs. Außergewöhnlich ist jedoch die Ausrufung von vorgezogenen Neuwahlen einen Monat vor Übernahme des Ratsvorsitzes.

Auch nachdem Spanien an der Reihe war wird nicht alles glatt laufen. Ungarn soll in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 den Vorsitz übernehmen, doch das Europäische Parlament stellt bereits in Frage, ob das Land in der Lage ist „diese Aufgabe“ angesichts der „Nichtachtung von Recht und Werten der EU in glaubwürdiger Weise zu erfüllen“. Dies ist der jüngste Ausdruck einer sich vertiefenden Kluft zwischen den liberalen Demokratien der EU und ihren illiberalen Demokratien, insbesondere Ungarn und Polen (das die EU-Ratspräsidentschaft 2025 übernehmen soll).

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