varoufakis107_Thomas LohnesGetty Images_christinelagarde Thomas Lohnes/Getty Images

Christine Lagardes Geschenk an die Populisten

ATHEN – Als Präsidentin der Europäischen Zentralbank hat Christine Lagarde drei Fehler gemacht. Damit könnte sie den europaweiten Aufschwung des Rechtspopulismus zwar nicht verursacht, aber doch erheblich verstärkt haben.

Ihr erster Fehler hat nicht nur den italienischen Staat Milliarden, sondern auch die EZB einen Großteil ihres guten Rufs gekostet, an dem Mario Draghi, Lagardes Vorgänger, so hart gearbeitet hat. Erinnern wir uns an den März 2020: Die Welt hatte Angst vor der Pandemie, die Märkte reagierten panisch. Insbesondere sorgten sie sich um die Solvenz Italiens, eines Landes mit enormen Schulden und ohne eigene Zentralbank, die – nach dem Vorbild der US-Federal-Reserve, der japanischen Notenbank und sogar der Bank of England – Geld hätte drucken können.

Auf einer Pressekonferenz wurde Lagarde gefragt, ob die EZB den Italienern bei ihrem Schuldenproblem beistehen würde, um die Zins-Spreads (die unterschiedlichen Kreditkosten der einzelnen Mitgliedsländer) innerhalb der Eurozone gering zu halten. Mit ihrer Antwort hat sie die Märkte und die Öffentlichkeit nicht etwa dadurch beruhigt, dass sie Draghis berühmtes Versprechen wiederholt hätte, zu tun, „was immer nötig“ sei. Im Gegenteil, sie erklärte: „Wir sind nicht dazu da, um Zinsunterschiede auszugleichen.“ Innerhalb weniger Sekunden schossen die Kosten zur Bedienung der italienischen Schulden in die Höhe. Die italienische Regierung schäumte vor Wut, aber Giorgia Meloni, die populistische Oppositionsführerin, die danach Ministerpräsidentin wurde, war zweifellos höchst erfreut.

https://prosyn.org/wlS6VSYde