Und jetzt auch Italien: Eine Explosion in Zeitlupe

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Im August hat die europäische Zahlungsbilanzkrise auch Italien erfasst. Die Zinsspreads für italienische Staatsanleihen stiegen an, die Regierung Berlusconi reagierte mit einem Sparprogramm, und die EZB half mit Krediten.
Bekanntlich wies die EZB die nationalen Zentralbanken  an, große Mengen an italienischen Staatsanleihen zu kaufen. Dass deren Bestand an insgesamt erworbenen Staatsanleihen von 74 Mrd. Euro am 4. August auf derzeit 165 Mrd. Euro angestiegen ist, lag vermutlich im Wesentlichen an Italien.
Die Deutsche Bundesbank, die 27% dieser  Anleihen kaufen musste, widersetzte sich vergeblich. EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark trat deswegen zurück. Schon im Februar war Bundesbankpräsident Weber wegen der früheren Käufe von Staatsanleihen zurückgetreten. Auch der neue Bundesbank-Präsident Jens Weidmann brachte seine Ablehnung offen zum Ausdruck. Bundespräsident Christian Wulff warf der EZB öffentlich vor, den Vertrag von Maastricht zu umgehen.


Die Anleihekäufe sind indes nur die Spitze des Eisbergs. Ebenso wichtig, aber noch kaum bekannt, ist der Umstand, dass nun auch die Banca d’Italia Target-Kredite gezogen hat, also ihre Druckerpresse aktiviert hat, um Italiens gigantisches Zahlungsbilanzdefizit zu schließen. Hinter dem zusätzlich gedruckten und verliehenen Geld, wie es durch das Target-Defizit Italiens gemessen wird, steht wirtschaftlich ein Kredit der EZB. Dieser Kredit ersetzt die privaten Kapitalimporte, die zuvor den Nettoerwerb von Gütern aus dem Ausland finanzierten, aber nun wegen der Krise versiegt sind, und er finanziert auch die Kapitalflucht aus Italien, d.h. den Kauf von Vermögensobjekten im Ausland.  Die EZB zieht umgekehrt Target-Kredit von jener Zentralbank, zu der das neu gedruckte Geld fließt und die deshalb eine Reduktion ihrer Kreditvergabe an die Banken akzeptieren muss. Das ist fast immer  die Bundesbank.  

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