dr4508c.jpg Dean Rohrer

Griechenlands Katharsis?

ATHEN: Die Parlamentswahl in Griechenland am Sonntag wird entscheiden, ob das Land auf Konfrontation oder Verhandlungen setzt, um die Bedingungen des griechischen Refinanzierungsvertrages mit der Eurozone zu ändern. Statt Griechenland zu helfen, seine Krise zu überwinden, hat die seit Mai 2010 verfolgte Austeritätspolitik das Land in eine tiefe Rezession gestürzt, die die Haushaltsdefizite zum Dauerzustand macht und die finanzielle Unsicherheit verschärft.

Es wird immer deutlicher, dass die Eurozone, falls Griechenland einseitige Maßnahmen ergreifen sollte – sei es durch Rücknahme der unpopulären Spargesetze oder indem es dem Vertrag selbst abschwört –, die Auszahlung des Kredites aussetzen wird. Die Regierung wird es dann unmöglich finden, ihren grundlegenden Verpflichtungen wie der Fortzahlung von Löhnen und Renten nachzukommen, und das Land wird offiziell seine Zahlungsunfähigkeit erklären. Die internationalen Banken werden dann keine Kredite an griechische Unternehmen mehr vergeben, was auch den Import umfassen und zur Verknappung von Treibstoffen, Lebensmitteln und Medikamenten führen wird. Und mit abstürzendem Vertrauen in den Verbleib Griechenlands in der Eurozone wird ein Sturm auf die Einlagen einsetzen, der dazu führt, dass das Bankensystem – und damit letztendlich die Realwirtschaft – zusammenbricht.

Der nächste Schritt ist dann die erzwungene Aufgabe des Euro und die Wiedereinführung der Drachme. Dies würde einen drastischen Rückgang des Lebensstandards mit sich bringen, u.a. aufgrund einer sofortigen Abwertung der neuen Währung und hoher Inflation. Zugleich wären die resultierenden Wettbewerbsfähigkeitsvorteile aufgrund der schmalen Exportbasis sehr beschränkt und würden sich in einem Teufelskreis von Abwertungen und Zinserhöhen ganz verflüchtigen.

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