Euro coin and United States dollar bill. Onny Carr/Flickr

Die große geldpolitische Divergenz

WASHINGTON, DC – In den nächsten Wochen werden die US-Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank wohl höchst unterschiedliche Maßnahmen ergreifen. Die Fed ist im Begriff, zum ersten Mal seit beinahe zehn Jahren die Zinssätze anzuheben. Unterdessen rechnet man damit, dass die EZB zusätzliche unkonventionelle Maßnahmen umsetzen wird, um die Zinsen in die entgegengesetzte Richtung zu drängen, auch wenn damit weiterer Abwärtsdruck für einige Staatsanleihen verbunden ist, die ohnehin schon zu negativen nominalen Renditen gehandelt werden.

Bei der Umsetzung dieser Strategien verfolgen beide Zentralbanken die durch ihre jeweiligen Gesetzgebungen vorgegebenen innenpolitischen Ziele. Das Problem dabei besteht darin, dass es womöglich wenig oder gar keine geordneten Mechanismen gibt, um die internationalen Auswirkungen dieser wachsenden Divergenz zu bewältigen.

Die Fed reagiert auf fortgesetzte Hinweise für Stabilität im Bereich Arbeitsplatzschaffung in den Vereinigten Staaten sowie auf andere Anzeichen für die – wenn auch moderate – wirtschaftliche Erholung des Landes. Überdies ist man sich der Gefahr für die Finanzstabilität durch ein anhaltendes künstlich niedriges Zinsniveau bewusst, weswegen man erwartet, dass die Fed die Zinsen im Rahmen der Sitzung ihres maßgebenden Offenmarktausschusses am 15. und 16. Dezember anhebt. Der Schritt markiert einen Wendepunkt im wirtschaftspolitischen Ansatz der Fed. Mit der Entscheidung für eine Anhebung der Zinssätze nimmt man nicht nur den Fuß vom Gaspedal finanzpolitischer Konjunkturbelebung. Dadurch wird auch ein bemerkenswerter Schritt in Richtung einer mehrjährigen Normalisierung ihres gesamten finanzpolitischen Kurses gesetzt.

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