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Ein Umdenken beim EU-Haushaltsrahmen

MAILAND – Kurz nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 aktivierte die Europäische Union die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und setzte damit die EU-Beschränkungen für Haushaltsdefizite und Staatsverschuldung der Mitgliedstaaten aus. Die Klausel sieht für die Zeit nach der Krise eine nahezu automatische Rückkehr zu den Regeln des Stabilitätspaktes vor, doch sollten die EU-Politiker einen anderen Kurs abstecken.

Die Frage der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des Stabilitätspaktes – der die Haushaltsdefizite der Länder auf 3% vom BIP und die Staatsverschuldung auf 60% vom BIP beschränkt – ist während der Pandemie zunehmend in den Blickpunkt geraten. Dabei haben sich grob gesagt zwei Lager herausgebildet. Eines befürwortet eine Reform und Vereinfachung der Haushaltsregeln. Das zweite befürwortet eine Umstellung von Regeln auf qualitative Standards, bei der jeder Mitgliedstaat eigenen Haushaltsangelegenheiten selbst steuert, wobei er die Tragfähigkeit seiner Schuldenlage im Auge behält.

Die Haushaltsregeln der EU sind schon jetzt teilweise mit der Tragfähigkeit der Schulden befasst, und zwar überwiegend im Rahmen der sogenannten präventiven Komponente des Stabilitätspaktes. Die Euroländer werden nach ihrer Fähigkeit beurteilt, ein strukturelles Haushaltsgleichgewicht anzustreben, die berechnet wird, indem man die zyklische Komponente vom schuldenstabilisierenden Niveau des nominalen Defizits abzieht.

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