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Der Kampf um die EU-Haushaltsreform

LONDON – Im letzten November hat die Europäische Kommission eine radikale Reform des EU-Stabilitäts- und Wachstumspakts vorgeschlagen. Aber in der darauf folgenden Debatte – und durch den neuen Vorschlag, den die Kommission im April veröffentlichte – wurde klar, dass trotz der Fortschritte, die die EU in den letzten Jahren bei der Gestaltung der Gemeinschaftspolitik gemacht hat, immer noch Misstrauen herrscht.

Mit der von der Kommission ursprünglich vorgeschlagenen Regelung sollten die strengen Grenzen für Staatsschulden und Haushaltsdefizite durch landesspezifische (im Rahmen einer Nachhaltigkeitsuntersuchung festgelegte) Schuldenverringerungsziele und mittelfristige nationale Haushaltspläne ersetzt werden. Dies hätte durch einen einfachen „Kostenpfad“ kontrolliert werden sollen – verpflichtende jährliche, an schwankende Konjunkturzyklen angepasste Nettoausgabengrenzen, die keine Zinszahlungen einschließen. Dafür wäre die Durchsetzung der Regelung verstärkt worden.

Allerdings waren weder Deutschland noch Italien von dieser Lösung überzeugt: Die Deutschen hatten Angst, das neue System würde der Kommission zu viel Freiraum bei den Schuldenverringerungszielen geben, was sie verstärktem politischen Druck aussetzen könnte. Italien wiederum sorgte sich, die Nachhaltigkeitsanalysen für die Schulden würden den Staatsanleihenmarkt volatiler machen. Lieber wollte das Land am bisherigen System festhalten, das vom Prinzip her derart rigide war, dass es in der Wirklichkeit nur flexibel gehandhabt werden konnte.

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