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Die Pandemie muss unsere selbstzufriedene Trägheit beenden

PARIS – Eine plötzliche Erschütterung stellt routinemäßige Entscheidungsprozesse auf den Kopf und zwingt die Entscheider, dringende Maßnahmen zu ergreifen. Eine Kombination aus Misstrauen, falschen Vorstellungen und Furcht löst die Bande auf, die die moderne Zivilisation aufrechterhalten.

Das Jahr, von dem hier die Rede ist, ist 1914, als Europa seinen Sommer damit verbrachte, für den Krieg mobil zu machen. Doch könnte diese Beschreibung genauso gut auf den Sommer 2020 zutreffen. Die schlimmste Pandemie seit dem Grippeausbruch von 1918-20 verwandelt sich derzeit in rapidem Tempo in eine systemische Krise der Globalisierung und bereitet damit potenziell die Bühne für die gefährlichste geopolitische Konfrontation seit Ende des Kalten Krieges.

Im Zeitraum von nur wenigen Wochen hat die COVID-19-Pandemie ein Drittel der Weltwirtschaft zum Erliegen gebracht und die größte wirtschaftliche Erschütterung seit der Großen Depression ausgelöst. Mit Blick in die Zukunft ist der wichtigste Faktor, der bestimmt, wie sich die Krise weiterentwickelt, kollektive Führung. Doch diese entscheidende Komponente fehlt derzeit. Angesichts der Tatsache, dass die USA und China sich gegenseitig bei der Gurgel haben, wird diese globale Führung von anderswo als Washington, D.C. oder Peking ausgehen müssen.

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