haldar24_CFOTOFuture Publishing via Getty Images_china factory CFOTO/Future Publishing via Getty Images

Nach dem Beijing-Konsens

CAMBRIDGE – Vierzig Jahre lang war „Made in China“ ein prägendes Merkmal des globalen Kapitalismus. Seit 2010 stammt die Mehrzahl aller weltweiten Exportgüter aus China und viele Länder eifern dem chinesischen Entwicklungsmodell nach. Nun hat eine Welle enttäuschender Wirtschaftsdaten aus China die Prognosen verdüstert, und manche Beobachter sagen dem Land sogar den baldigen Niedergang voraus. Über die Auswirkungen dieses Umschwungs auf die Weltwirtschaft wurde schon viel spekuliert, aber was bedeutet er für die Entwicklungstheorie?

Im Jahr 1978 setzte Deng Xiaopings Reform- und Öffnungspolitikein nie dagewesenes Wirtschaftswachstum in Gang, das über so lange Zeit anhielt, dass es gegen Konjunkturzyklen immun zu sein schien. Seitdem ist China das Paradebeispiel für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung. In wenigen Jahrzehnten war Chinas Pro-Kopf-Einkommen um das 25-Fache gestiegen und hatte 800 Millionen aus der Armut befreit. Massive Investitionen in die Infrastruktur, in Autobahnen, Flughäfen und das größte Eisenbahnnetz für Hochgeschwindigkeitszüge weltweit, haben die Landschaft des Landes von Grund auf verändert. 2010 wurde China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, vor Frankreich, Deutschland, Japan und Großbritannien und knapp hinter den USA, die es einigen Prognosen zufolge bis 2030 ebenfalls überholen wird.

Dies alles hat China nicht etwa erreicht, indem es den Washington-Konsens umgesetzt hat, demzufolge der liberale Kapitalismus, d. h. Demokratie plus freie Märkte, der einzige Weg zu Wohlstand ist. Stattdessen schuf Chinas autoritäres Regime einen Staatskapitalismus, der, anders als die radikale „Schocktherapie“, die in großen Teil des ehemaligen Ostblocks als Universallösung zum Einsatz kam, schrittweise und nach dem Prinzip Versuch und Irrtum eingeführt wurde.

https://prosyn.org/IwZPgEtde