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Deutschlands gefährliche Alternativen

BERLIN – Jahrelang war die deutsche Außenpolitik selten Gegenstand heftiger Debatten über grundlegend unterschiedliche Alternativen. Seit der Wiedervereinigung (1989-91) ist das größte Land und die stärkste Volkswirtschaft Europas außenpolitisch auf die europäischen und transatlantischen Beziehungen ausgerichtet, was zu einer immer tieferen Verankerung in der Europäischen Union und der NATO geführt hat. In der Praxis bedeutete dies, die deutsche Sicherheit in das transatlantische Bündnis auszulagern, militärisch zu desinvestieren und sich auf die Stärkung der Wirtschaftskraft des Landes zu konzentrieren.

In der Nachkriegszeit war es Deutschlands oberste Priorität, Kompromisse mit den europäischen Nachbarn zu schließen, um die EU zu vertiefen und zu erweitern. Die deutsche Führung sah darin den wichtigsten Beitrag, den Deutschland zu Frieden und Wohlstand auf dem Kontinent leisten konnte. Das Ziel einer stärkeren EU ist nicht nur formell im deutschen Grundgesetz verankert, sondern auch das deutsche Wirtschaftsmodell stützt sich in hohem Maße auf die europäische Integration und den Zugang zum Weltmarkt. Diese Abhängigkeit hat sich noch verstärkt, seit die billige Energie aus Russland die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht mehr stärkt.

Doch das deutsche Parteiensystem verändert sich im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Frühjahr dieses Jahres. Neue, radikale Parteien stellen den Nachkriegskonsens offen in Frage. Die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) wirbt für einen Austritt aus der EU, ein Ende der Unterstützung für die Ukraine und der Sanktionen gegen Russland sowie eine Abkehr von der Dekarbonisierungspolitik des Landes.

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