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Die Redemokratisierung Polens

Ein demokratisches Land nach dem anderen sah sich in den letzten Jahren – manchmal in schicksalhafter Weise – der Verlockung autoritärer Populisten ausgesetzt, die versprachen, die wirtschaftliche Sicherheit der Wähler und „traditionelle“ Werte zu verteidigen. Polen hat sich seit der Parlamentswahl im Oktober in die gegenteilige Richtung bewegt. Allerdings dürften sich die Wiederherstellung des Rechtsstaats und die Wiederbelebung der liberalen Demokratie nach acht Jahren rechtspopulistischer Missherrschaft als nicht gerade einfach erweisen.

Irena Grudzińska Gross: Polen hat seit Jahresbeginn eine neue Koalitionsregierung, doch die abgewählte Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) scheint ihre Niederlage noch nicht verwunden zu haben. Woran liegt das?

Adam Michnik: Es ist sehr schwierig, seine Niederlage einzugestehen, wenn man überzeugt ist, dass man bis zum Weltuntergang an der Macht sein wird. Hier zeigen sich einmal mehr ganz deutlich die Arroganz und der Größenwahn und Mangel an Fantasie der PiS-Führung. Die PiS hat ein sehr gutes Wahlergebnis erzielt: über 35 % der Stimmen. Nach dem, was sie während ihrer Zeit an der Macht angerichtet hat, hätte sie nicht mal ein Fünftel dieser Stimmen bekommen dürfen. Doch das Wahlergebnis ist klar: Sie hat die Rote Karte gezeigt bekommen. Sie war nicht imstande, eine Regierung zu bilden.

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