Der Westen gegen den Rest der Welt?

Die Bombenanschläge von Madrid haben dazu geführt, dass die Europäer die Geißel des Terrorismus am eigenen Leib zu spüren bekommen haben. Der 11. März ist nun Europas Version des 11. September in Amerika. Jedoch scheinen Amerika und Europa die Welt häufig nicht mit denselben Augen zu sehen: Spaniens Reaktion auf die Terrorangriffe - eine Bedrohung, der alle Demokratien ausgesetzt sind - war es, eine Regierung ins Amt zu wählen, die in der Irakfrage eine Abkehr von der proamerikanischen Politik versprach. Bedeutet dies, das Europa und die USA eine grundlegend andere Sicht der Welt haben?

Die scheinbare außenpolitische Entfremdung beruht zum Teil auf einem Missverständnis darüber, worum es beim europäischen Projekt geht. „Europa" ist eine Antwort der Realisten auf die Globalisierung und die von ihr ausgehenden Herausforderungen. Es wurde initiiert, um „solidarités de fait" (faktische Solidarität) hervorzubringen, die politische Stabilität zu fördern und die Demokratie und das europäische Sozialmodell zu konsolidieren. Nun da diese Ziele erreicht sind, will Europa einen positiven Beitrag zu den Entwicklungen der Welt leisten.

Dabei geht es nicht um ein nostalgisches Nachleben vergangenen Ruhms. Europaübergreifend besteht heute, wie man anhand der gemeinsamen Trauer und der Beileidsbekundungen an Spanien erkennen konnte, ein nie zuvor da gewesenes Maß der Solidarität; wir müssen auf diesem enormen Potenzial aufbauen, um eine Logik der Solidarität in unserer Welt zu erschaffen.

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