a12a120346f86f680e571b05_pa3484c.jpg Paul Lachine

Krisenbecken Mittelmeer

Für die meisten Europäer liegen rund um das Mittelmeer die alljährlichen Ziele ihrer Sehnsucht. Sie verbringen dort ihre schönsten Wochen im Urlaub. Doch dieser optimistische Blick auf die Länder des Mittelmeerraums ist, bedingt durch die Finanzkrise, einem tiefen Pessimismus gewichen.

Innerhalb der EU macht stattdessen das hässliche Wort von den PIGS (Portugal, Italien/Irland, Griechenland, Spanien) die Runde, welche durch ihre unsolide Wirtschafts- und Finanzpolitik die Stabilität des Euro gefährden und die Nordeuropäer zu teuren Bailouts zwingen würden. Wo noch vor kurzem Sonne und Solidarität angesagt war, breitet sich heute Depression und Konfrontation aus. Schlimmer noch, durch die europäische Schulden- und Vertrauenskrise befindet sich die EU in der schwersten Krise seit ihrer Gründung, bei der es um nichts Geringeres geht, als um die Zukunft des europäischen Projekts schlechthin.

Nun hat mit der Revolution in Tunesien die Krise auch das südliche Ufer des Mittelmeerbeckens erreicht, während zeitgleich dazu der Libanon erneut am Rande einer kriegerischen Katastrophe zu stehen scheint. Die mediterranen  Mitgliedsstaaten der EU wanken und zeitgleich kündigen sich in ihrer südlichen Nachbarschaft große Veränderungen an. Es wäre jetzt eigentlich an der Zeit, dass man in Brüssel und in den wichtigsten europäischen Hauptstädten endlich auch einen geopolitischen und nicht nur fiskalischen Blick auf den Mittelmeerraum werfen würde. Die EU hat im Mittelmeerraum nicht vor allem ein Währungs-, sondern vor allem ein strategisches Problem, auf das sie schnell Antworten finden muss.

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