Das Amerikaproblem des IWF

Die diesjährige Frühjahrssitzung des Internationalen Währungsfonds, auf der dem IWF ein neues Mandat zur „Überwachung“ der in starkem Maße zur globalen Instabilität beitragenden Handelsungleichgewichte übertragen wurde, wurde als Durchbruch gelobt. Der neue Auftrag des IWF ist von entscheidender Bedeutung sowohl für die Gesundheit der Weltwirtschaft wie auch für die Legitimität des IWF selbst. Aber ist der Währungsfonds der Aufgabe gewachsen?

Es ist offensichtlich etwas Eigenartiges an einem Weltfinanzsystem, bei dem das reichste Land der Erde, die Vereinigten Staaten, sich tagtäglich mehr als zwei Milliarden Dollar von den ärmeren Ländern borgen und ihnen gleichzeitig Vorträge über die Prinzipien guter Regierungsführung und finanzpolitischer Verantwortlichkeit halten. Für den IWF, der die Aufgabe hat, die weltweite Finanzstabilität zu gewährleisten, geht es also um viel: Falls die übrigen Länder das Vertrauen in die zunehmend verschuldeten USA verlören, würde dies potenziell gravierende Störungen auf den weltweiten Finanzmärkten zur Folge haben.

Die Aufgabe, vor der der IWF steht, ist gewaltig. Für den Fonds wird es natürlich wichtig sein, sich auf globale Ungleichgewichte und nicht auf bilaterale Ungleichgewichte zu konzentrieren. In einem multilateralen Handelssystem werden große bilaterale Handelsdefizite häufig durch bilaterale Handelsüberschüsse gegenüber anderen Ländern ausgeglichen. So kann China an Öl aus dem Nahen Osten interessiert sein; angesichts der riesigen, in wenigen Händen konzentrierten Vermögen ist man dort allerdings möglicherweise eher an Gucci-Handtaschen interessiert als an Waren aus chinesischer Massenproduktion. Also kann China ein Handelsdefizit gegenüber dem Nahen Osten aufweisen und einen Handelsüberschuss gegenüber den USA, ohne dass diese bilateralen Gewichtungen etwas darüber aussagen, welchen Gesamtbeitrag China zu den weltweiten Ungleichgewichten leistet.

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