Obama der Staatsmann

PRINCETON – Die Welt mag Barack Obama vielleicht als einen durch die Widerspenstigkeiten der amerikanischen Innenpolitik geschwächten Präsidenten betrachten, aber die amerikanische Öffentlichkeit sieht ihn zu Beginn des Präsidentschaftswahlkampfs 2012 noch immer als eine starke und kompetente Führungspersönlichkeit im Bereich Außenpolitik. Etwa 49 Prozent der Amerikaner goutieren seine Außenpolitik insgesamt. 63 Prozent heißen seinen Zugang im Bereich Terrorismus gut und 52 Prozent begrüßen den Rückzug der Truppen aus dem Irak. Im Gegensatz dazu billigen lediglich 30 Prozent der Amerikaner seinen Umgang mit der Wirtschaftspolitik und magere 26 Prozent unterstützen seinen Ansatz im Bereich des Haushaltsdefizits.

Angesichts dieser Umfragewerte wäre es keine große Überraschung, wenn Obama versuchte, das Augenmerk seiner Wähler im Jahr 2012 auf auswärtige Angelegenheiten zu lenken, besonders vor dem Hintergrund hochkarätiger Initiativen wie den Besuch von Außenministerin Hillary Clinton in Burma (Myanmar), gründlich ausverhandelter diplomatische Übereinkünfte sowie wichtiger internationaler Konferenzen in den USA, wie etwa den NATO-Gipfel im Mai in Chicago. In den USA selbst werden die Auslandsreisen des Präsidenten im kommenden Wahljahr allerdings angesichts einer Arbeitslosenrate von über 9 Prozent wohl weniger gut ankommen.

Die Obama-Administration kennt das eherne Gesetz der amerikanischen Politik – „Es ist die Wirtschaft, Dummkopf” – genauso gut wie jeder andere. Dennoch ist die Betonung der Durchsetzungsfähigkeit Obamas im Ausland mehr als ein Ablenkungsversuch. Man sendet damit auch die Botschaft aus, dass der innenpolitische Stillstand nicht seine Schuld ist. Man darf in den kommenden Monaten also jede Menge außenpolitischer Nachrichten erwarten.

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