reichlin 14_Juhari Muhade_getty images_ graphic Juhari Muhade/Getty Images

Die wahre Schwäche der Eurozone

LONDON – Der zwanzigste Jahrestag des Euro in diesem Jahr ist ein guter Zeitpunkt, um über die Robustheit der Europäischen Währungsunion nachzudenken. Die letzte Krise, die 2008 in den Vereinigten Staaten begann, ist den Europäern noch gut in Erinnerung: Die Eurozone hatte mehr zu leiden als die USA und einige ihrer Mitglieder waren sehr viel stärker betroffen als andere. In einer Zeit, in der die Eurozone erneut Anzeichen einer deutlichen Konjunkturabschwächung zeigt, ist es wichtig zu verstehen, was beim letzten Mal passiert ist. Haben wir in den ersten 20 Jahren des Euro etwas gelernt, das helfen könnte, eine weitere Rezession zu bekämpfen?

Die gängigste Sichtweise der Krise in der Eurozone basiert auf der Theorie des Ökonomen Robert Mundell eines „optimalen Währungsraumes“ (Optimum Currency Area, OCA), die davor warnt, eine gemeinsame Währungspolitik in einem Verbund verschiedener Staaten mit unterschiedlicher wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit zu etablieren. Dieser Auffassung nach fehlt es den Mitgliedern der Eurozone an der Wechselkursflexibilität, die ihnen helfen könnte, auf einen negativen Schock zu reagieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die geldpolitische Haltung der Europäischen Zentralbank möglicherweise nicht für alle Mitgliedstaaten geeignet ist, da ihr Zielwert an der durchschnittlichen Inflationsrate der Eurozone orientiert ist. In den schwächsten Ländern kann dies zu Realzinsen führen, die über dem für die Vollbeschäftigung erforderlichen Niveau liegen.

Eine weitere Sicht stellt finanzielle Instabilität in den Mittelpunkt. In guten Zeiten bauen einige Länder der Eurozone aufgrund relativ niedriger Realzinsen eine übermäßige Verschuldung auf – zum Teil eine Folge der einheitlichen Geldpolitik der EZB. In Ländern mit schwachen Institutionen und schlechter Regierungsführung kann dies zu einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit und übermäßigem Konsum führen. Eine Krise wäre dann schlimmer als normal und würde zu einem Preisverfall bei den Vermögenswerten und zu Zahlungsausfällen führen, gefolgt von einer Periode des Schuldenabbaus und einer schwachen Nachfrage.

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