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Dreifache Bedrohung für Europa

PALO ALTO: Europa leidet derzeit unter gleichzeitigen Banken-, Währungs- und staatlichen Schuldenkrisen. Schwere wirtschaftliche Not und politischer Druck erschüttern die Beziehungen zwischen Bürgern, souveränen Staaten und supranationalen Institutionen wie der Europäischen Zentralbank. Allerorts vernimmt man Forderungen nach einer Aufgabe der fiskalpolitischen Souveränität, einer drastischen Rekapitalisierung des finanziell anfälligen Bankensystems und/oder einem Ausstieg Griechenlands und möglicherweise weiterer finanziell angeschlagener Euroländer aus dem Währungsverbund (oder der Gründung einer vorübergehenden zweistufigen Währungsunion).

In diesem explosiven Umfeld greift die Politik in einem Versuch, Finanzpanik, Ansteckung und Rezessionsrisiko entgegenzuwirken, verzweifelt auf verschiedene Instrumente zurück – darunter die EZB, den Internationalen Währungsfonds und die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität. Aber stellt sie es richtig an?

Banken-, Euro- und staatliche Schuldenkrise sind eng verbunden. Angesichts ihrer großen, ramponierten Bestände an Staatsanleihen der Peripherieländer der Eurozone wären viele der unterkapitalisierten Banken Europas insolvent, wenn ihre Vermögenswerte zum Marktwert bewertet wären. Ihre Entschuldung hemmt die wirtschaftliche Erholung. Und die großen fiskalischen Anpassungen, die in Griechenland, Irland, Portugal und möglicherweise sogar Italien und Spanien erforderlich sind, werden das wirtschaftliche und gesellschaftliche Gefüge in Mitleidenschaft ziehen. Ein Zahlungsausfall dürfte mit einer schweren wirtschaftlichen Talfahrt einhergehen – Argentiniens BIP fiel nach seinem Zahlungsausfall 2002 um 15%.

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