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Zeit für die EZB, QE auf Eis zu legen

ZÜRICH – Angesichts des sich rapide verschlechternden Wirtschaftsklimas in der Eurozone wird die Europäische Zentralbank auf ihrer nächsten Sitzung am 12. September wohl ein massives Paket zusätzlicher Konjunkturbelebungsmaßnahmen ankündigen. Doch obwohl die Geldpolitik der EZB insgesamt nicht expansiv genug war (zu sehen an der anhaltend unter dem Ziel liegenden Inflation in der Eurozone), ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für eine umfassende geldpolitische Lockerung, einschließlich einer Rückkehr zur quantitativen Lockerung (QE).

Zunächst befindet sich die Wirtschaft in der Eurozone in einem weitaus besserem Zustand als im März 2015, als die EZB die quantitative Lockerung einführte. Im Vergleich zu damals liegt der Schlüsselindikator für wirtschaftliche Aktivitäten, der gemeinsame Einkaufsmanager-Index der Eurozone, etwas höher. Ebenfalls über dem damaligen Wert befinden sich Gesamt- und Kerninflation sowie die Inflationserwartungen der Haushalte und der Indikator der wirtschaftlichen Einschätzung der Europäischen Kommission. Darüber hinaus sind die kurz- und langfristigen Zinssätze sowie die Kreditzinsen der Banken viel niedriger und das Kreditwachstum präsentiert sich stärker. Angesichts dieser Daten lässt sich ein überzeugendes Argument für QE nur schwer ableiten.  

Es trifft zu, dass die marktbasierten Messgrößen der Inflationserwartungen zusammengebrochen sind, aber das ist Teil eines globalen Phänomens und sagt wohl wenig über die Bedingungen in der Eurozone aus. Überdies erschwert eine Vielzahl an Problemen im Zusammenhang mit Risikoprämien die Interpretation dieser Indikatoren. Daher kommt es nicht überraschend, dass Umfragen zu Inflationserwartungen der privaten Haushalte und Unternehmen eine genauere Prognose der tatsächlichen Inflation abgeben. Da die marktbasierten Messgrößen derzeit auch im Widerspruch zu den meisten anderen wichtigen Wirtschaftsdaten stehen, sollte man diesen Messgrößen wenig Gewicht beimessen. 

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